Das Stiftungsrecht bietet mit der Treuhandstiftung eine Stiftungsform, die sich insbesondere durch ihre Flexibilität und vielseitigen Gestaltungs- und Umwandlungsmöglichkeiten auszeichnet.
Mit diesem rechtskonformen Vehikel im Stiftungsrecht können Stifter sich vollständig ihren philanthropischen Bestrebungen widmen und gesellschaftlichen Herausforderungen stellen, da sie Verwaltungsaufgaben abgeben und von steuerlichen Vergünstigungen profitieren können.
Was ist eine Treuhandstiftung?
Bei der Treuhandstiftung handelt es sich um die „Schwester“ der herkömmlichen Stiftung im Stiftungsrecht. Eine herkömmliche Stiftung bürgerlichen Rechts im Stiftungsrecht hat nach staatlicher Anerkennung selbst das Stiftungsvermögen inne und wird durch ihren Vorstand oder Geschäftsführer vertreten (vgl. §§80ff. Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) (Zu anderen Stiftungsformen: Unternehmsstiftung, Verbrauchsstiftung, Familienstiftung, Kunststiftung,)
Die Treuhandstiftung dagegen ist eine unselbstständige Stiftung ohne eigene Rechtspersönlichkeit und ist nicht selbst Trägerin von Rechten und Pflichten. Der zivilrechtliche Eigentümer des Stiftungsvermögens ist der Treuhänder, welcher über dieses in eigenem Namen zur dauerhaften Verwirklichung des vereinbarten Stiftungszwecks verfügt.
Bei dem Treuhänder, welcher nach außen für die Treuhandstiftung auftritt, kann es sich um jede rechtsfähige natürliche oder juristische Person handeln. Beispielsweise kann sich der Stifter dafür entscheiden, eine Vertrauensperson oder einen eingetragenen Verein, eine GmbH oder eine selbstständige Stiftung des Stiftungsrechts einzusetzen.
Die Treuhandstiftung fällt nicht unter die Regelungen der §§80ff. BGB der rechtsfähigen Stiftungen im Stiftungsrecht, obgleich sie bereits im frühen Mittelalter existierte und oft als „Grundform der Stiftungen“ bezeichnet wird.
Wie wird eine Treuhandstiftung im Stiftungsrecht errichtet?
Die Treuhandstiftung im Stiftungsrecht kommt entweder durch einen privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Stifter und dem Treuhänder zu Lebzeiten oder durch Verfügung von Todes wegen zustande. Der Regelfall ist die Errichtung zu Lebzeiten, da sich die Treuhandstiftung besonders zur Verfolgung philanthropischer Zwecke eignet, wobei der Stifter dieses zu Lebzeiten begleiten möchte.
Der Stifter überträgt hierzu den Teil seines Vermögens, welchen er in die Treuhandstiftung überführen möchte, als Stiftungsvermögen. So wird das Stiftungsvermögen vom restlichen Vermögen des Stifters getrennt.
Es kann sich bei dem Vertrag um einen Schenkungsvertrag mit Auflage handeln. Der jeweilige Treuhänder muss das Stiftungsvermögen so verwalten, wie es der Stifter in der Stiftungssatzung vorgesehen hat (§§516, 525, 518 Abs. 1 BGB).
Auch kann ein Treuhandvertrag geschlossen werden. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treuhänder das übertragene Stiftungsvermögen im Interesse des Stifters und zugunsten des Stiftungszweckes verwaltet.
Wie im übrigen Stiftungsrecht spielt auch bei der Treuhandstiftung die Stiftungssatzung eine entscheidende Rolle. Die Satzung ist eine Erklärung im Stiftungsrecht, die der Stifter bei Errichtung der Stiftung abgibt und die verbindlich den Willen zur Stiftungserrichtung und den genauen Stiftungszweck statuiert (Mehr zu Stiftungssatzungen und Änderungen dieser).
In der Stiftungssatzung kann auch vorgesehen werden, dass Stiftungsorgane wie ein Stiftungsvorstand im „Innenverhältnis“ der Stiftung tätig werden und Entscheidungen beispielsweise über die konkrete Mittelverwendung treffen. Der Stifter kann sich auch selbst als Stiftungsrat einsetzen und so konkret Einfluss nehmen.
Ein weiterer Unterschied zur herkömmlichen Stiftung ist, dass eine Treuhandstiftung ohne staatliche Anerkennung entsteht und nicht der Stiftungsaufsicht unterliegt.
Treuhandstiftung von Todes wegen
Auch kann die Treuhandstiftung von Todes wegen errichtet werden. Der Stifter kann den Treuhänder hierfür als Erben oder als Vermächtnisnehmer unter Auflagen einsetzen (§§1940, 2192ff. BGB).
Sobald die Einsetzung angenommen wird, entsteht die Treuhandstiftung ohne Einbeziehung der Stiftungsaufsicht und mit dem Tode des Stifters. Hier sind die erbrechtlichen Formvorschriften und beispielsweise mögliche Belastungen durch Pflichtteilansprüche zu berücksichtigen.
Vorteile der Treuhandstiftung im Stiftungsrecht
Die Gründung einer Treuhandstiftung bringt eine Reihe von Vorteilen und Gestaltungsmöglichkeiten im Stiftungsrecht mit sich.
Besondere Flexibilität
Die Treuhandstiftung zeichnet sich durch einen besonders hohen Grad an Flexibilität mit Blick auf die Gestaltung und Umgestaltung der Stiftung durch Satzungsänderung aus. Denn sie muss Satzungsänderungen im Gegensatz zu einer selbstständigen Stiftung nicht durch die Stiftungsaufsicht genehmigen lassen.
Insbesondere hat dies den Vorteil, dass Stifter ihre Stiftung unmittelbar anpassen können, wenn sich äußere Rahmenbedingungen ändern, konkrete gesellschaftliche Herausforderungen aufkommen oder sich die Vorstellungen des Stifters weiterentwickeln.
Zu beachten ist, dass der Stifter die Option zur flexiblen Satzungsänderung für die Zeit nach seinem Tod möglichst begrenzen sollte. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Stiftung nicht mehr im Sinne seines ursprünglichen Willens fortgeführt wird.
Darüber hinaus bietet die Treuhandstiftung eine erhebliche Flexibilität mit Blick auf die ursprüngliche Kapitalausstattung bei der Errichtung einer Treuhandstiftung. Denn es gibt, anders als bei einer selbstständigen Stiftung, keine vorgeschriebene Mindestkapitalausstattung.
Das führt dazu, dass beispielsweise ein Unternehmer eine Stiftung im Stiftungsrecht zum Zwecke der Förderung kleinerer oder temporärer Projekte der Gemeinnützigkeit ins Leben rufen kann. Die Hürde des beträchtlichen Startkapitals und des möglichen langfristigen und bürokratischen zeitlichen Vorlaufs entfällt.
Die Treuhandstiftung unterliegt auch nicht der Kapitalerhaltungspflicht, welche grundsätzlich für die herkömmliche Stiftung gilt. Das bedeutet, dass das gesamte Stiftungskapital in die Verfolgung des Stiftungszwecks der Gemeinnützigkeit fließen und so wirkungsvolle und unmittelbare philanthropische Arbeit geleitet werden kann.
Auch kann eine Treuhandstiftung bereits errichtet werden, wenn zu Beginn noch nicht feststeht, welche Mittel und in welcher Höhe das Vermögen in die Stiftung einfließen soll.
Zuletzt kann sich eine gewisse finanzielle Flexibilität durch die Einsparung von internen Verwaltungs- und Gründungskosten ergeben. Diese können wiederum in die Stiftungsarbeit, wie Projekte der Gemeinnützigkeit, investiert werden und zu einer gezielteren Verwendung des Stiftungsvermögens führen.
Gestaltungsmöglichkeiten im Stiftungsrecht
Auch im Hinblick auf die Gestaltungs- und Umwandlungsmöglichkeiten im Stiftungsrecht bietet die Treuhandstiftung ein hohes Maß an Flexibilität.
Einerseits kann eine bestehende rechtsfähige Stiftung eine Treuhandstiftung im Stiftungsrecht gründen, etwa um zusätzlich philanthropische Zwecke zu verfolgen und gezielte Projekte oder Aktivitäten zugunsten der Gemeinnützigkeit ins Leben zu rufen.
Andererseits ist es im Stiftungsrecht auch möglich, eine Treuhandstiftung als Vorstufe oder Durchgangsstadium einzusetzen und diese zu einem späteren Zeitpunkt in eine selbstständige Stiftung zu überführen. Ein solches Vorgehen kann dann sinnvoll sein, wenn die Stiftungsmittel des Stifters zunächst begrenzt sind und im Laufe der Zeit aufgestockt werden oder wenn die Stiftungssatzung weiter flexibel angepasst werden soll.
Beispielsweise kann es sich ein Stifter so im Rahmen einer „Testphase“ offen lassen, ob er beispielsweise konkretere Anpassungen mit Blick auf die Mittelverwendung vornehmen möchte, um so Zwecke der Gemeinnützigkeit effizienter zu verfolgen. Im Laufe dieser Phase kann er Zustiftungen vornehmen oder Spenden und Zuwendungen annehmen.
Die gemeinnützige Treuhandstiftung
Insbesondere eignet sich die Errichtung einer Treuhandstiftung somit für Stifter, die philanthropisch tätig sind und Zwecke der Gemeinnützigkeit, die auf die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen gerichtet sind, verfolgen (Zu Gemeinnützigkeit und Social Entrepreneurship).
Ein bekanntes Beispiel einer gemeinnützigen Treuhandstiftung ist die Zeppelin-Stiftung des global tätigen und bekannten deutschen Technologiekonzerns und Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen AG. Der Träger der Treuhandstiftung ist bereits seit 1947 die Stadt Friedrichshafen.
In der Satzung der Zeppelin-Stiftung von 1908 bestimmte Graf Ferdinand von Zeppelin, dass das Stiftungsvermögen an die Stadtgemeinde Friedrichshafen fallen solle und sie „es unter der Bezeichnung ‚Zeppelin-Stiftung‘ abgesondert zu verwalten und die Erträgnisse zu wohltätigen Zwecken zu verwenden“ habe.
Heute unterstützt die Treuhandstiftung das „kulturelle und soziale Engagement“ in der Stadt mit den jährlichen Dividenden des Zeppelin-Konzerns, der letztes Jahr einen Umsatz von fast 4 Milliarden Euro erzielte.
Steuerliche Vergünstigungen
Der deutsche Gesetzgeber hat die Förderungswürdigkeit gemeinnütziger Stiftungen, die sich gesellschaftlicher Probleme annehmen, anerkannt und gewährt ihnen bestimmte Steuervergünstigungen. Auch die Treuhandstiftung kann wie eine herkömmliche Stiftung im Stiftungsrecht steuerlich begünstigt werden (§§51ff. Abgabenordnung; AO).
Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist die rechtliche Voraussetzung, dass ein Stiftungszweck festgelegt wird, welcher auf die ausschließliche und unmittelbare Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke gerichtet ist (vgl. §51 Abs. 1 AO).
Konkret findet eine Befreiung von der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer bei der Übertragung des Stiftungsvermögens auf die Stiftung statt. Die Treuhandstiftung kann auch von der Entrichtung der Körperschafts-, Erwerbs- und Grundsteuer befreit werden.
Bei Anerkennung der Gemeinnützigkeit gilt für bestimmte Leistungen ein ermäßigter Umsatzsteuersatz und Zuwendungen an die Treuhandstiftung können als Sonderabgaben abgezogen werden (§10b Einkommensteuergesetz; EStG).
Diese Einsparungen können wiederum der Allgemeinheit zugutekommen und für Zwecke der Gemeinnützigkeit verwendet werden. Sie können beispielsweise genutzt werden, um Transformationsprozesse innerhalb der philanthropischen Arbeit anzustoßen oder einzelne Projekte zu finanzieren.
Résumé
Die Treuhandstiftung zeichnet sich durch ein besonderes Maß an Flexibilität und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten im Stiftungsrecht aus, denn sie lässt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand und Startkapital errichten oder in eine selbstständige Stiftung überführen. Hierdurch wird eine Art Probephase und die Möglichkeit eröffnet, durch Satzungsänderung unmittelbar auf neue Entwicklungen zu reagieren.
„Die Treuhandstiftung ist ein bedeutendes Vehikel für Stifter, die sich philanthropisch engagieren. Sie ermöglicht ein gezieltes, flexibles und unmittelbares Engagement für gesellschaftliche Zwecke bei gleichzeitiger Nutzung steuerlicher Vergünstigungen.“ So dtb-Rechtsanwalt und Experte für Stiftungsrecht und Gemeinnützigkeit Maximilian Brazel.
Stand 05.09.2025