Wer unternehmerisch erfolgreich ist oder ein großes Vermögen innehat und seine Stellung dafür nutzen möchte, sich der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen anzunehmen, kann sich unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten beispielsweise im Stiftungsrecht bedienen.
Hierbei können sich Social Entrepreneure (Sozialunternehmer) mit philanthropischen Bestrebungen mithilfe der Gemeinnützigkeit bei ihrer unternehmerischen Betätigung Steuervorteile sichern.
Social Entrepreneurship
Der Begriff Social Entrepreneurship wurde von Bill Drayton als Gründer der ältesten und international bekannten Organisation für und von Social Entrepreneuren, Ashoka, geprägt. Er reiste in den Siebzigerjahren durch Indien und erlebte, wie die Menschen sich zu Organisationen zusammenschlossen, um bisher ungelöste gesellschaftliche Probleme anzugehen.
Drayton bemerkte hierbei, dass der Erfolg von solchen Organisationen von einer kreativen und innovativen Führungsperson als „driving force“ abhängig war und beschloss, solche Personen seien förderungswürdig. Social Entrepreneure seien als Menschen bekannt, die ihr unternehmerisches Geschick und ihre Kreativität einsetzen, um sich gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen und Innovation zu fördern.
Social Entrepreneure können beispielsweise mithilfe von Gestaltungsmöglichkeiten von Social Enterprises im Stiftungsrechts den philanthropischen Bestrebungen nachgehen. Hierbei hat auch der deutsche Gesetzgeber die Förderungswürdigkeit von Personen gesehen, die sich gesellschaftlicher Probleme annehmen und gewährt ihnen bei der Verfolgung von Zwecke der Gemeinnützigkeit, Steuerbegünstigungen.
Denn Social Entrepreneure sind sich der Verantwortung und den Verpflichtungen bewusst, die das Erwirtschaften und Aufrechterhalten eines großen Vermögen mit sich bringt und ermöglichen gute und nachhaltige Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen.
Philanthropische Bestrebungen und Gemeinnützigkeit
Unternehmer und Personen, die Social Entrepreneure sind, handeln oft aufgrund von philanthropischen und selbstlosen Bestrebungen, denn sie wollen den gesellschaftlichen Fortschritt vorantreiben und Projekte, die ihnen am Herzen liegen, umsetzten. Beispielsweise das Stiftungsrecht kann dabei helfen, Interessen der Gemeinnützigkeit und unternehmerisches Denken in Einklang zu bringen und ein Konzept zu gestalten, dass auf das jeweilige Projekt zugeschnitten ist.
Der britische Philosoph Charles Webster Leadbeater beschreibt Social Entrepreneure bereits im Jahr 1997 als „engagierte, ehrgeizige Führungspersönlichkeiten, die über große Fähigkeiten verfügen, eine Mission zu vermitteln und Mitarbeiter, Nutzer und Partner zu inspirieren.“ Schon damals wurde Social Entrepreneurship als bedeutsame Antriebskraft für Innovation gesehen, denn es werden Ressourcen und Wissen genutzt, um neue Wege zu finden, gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen.
Konkret zeichnet sich ein Social Enterprise (Sozialunternehmen) darin aus, dass es nicht primär oder ausschließlich auf Gewinnmaximierung für die Gesellschafter oder Investoren ausgerichtet ist. Sondern es wird der gesellschaftliche Mehrwert, die Verfolgung von Zwecken der Gemeinnützigkeit und die Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen als zumindest von gleichrangiger Bedeutung gesehen.
Durch wirtschaftliche Tätigkeiten, die zumindest auch gesellschaftliche Herausforderungen im Sinne des Allgemeinwohles zu lösen versuchen, zeigen Social Entrepreneure, dass sie sich ihrer Verantwortung und Verpflichtung, die ein großes Vermögen mit sich bringt, in der Gesellschaft bewusst sind. Dieses geschieht indem Social Enterprises ihre Produkte oder Dienstleistungen so anbieten, dass sie erkennbar auf den Zweck der Gemeinnützigkeit und unmittelbar auf die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen gerichtet sind.
Die Europäische Kommission versteht hierunter „Unternehmen, für die das soziale oder gesellschaftliche gemeinnützige Ziel Sinn und Zweck ihrer Geschäftstätigkeit darstellt, was sich oft in einem hohen Maße an sozialer Innovation äußert, deren Gewinne größtenteils wieder investiert werden, um dieses soziale Ziel zu erreichen und deren Organisationsstruktur oder Eigentumsverhältnisse dieses Ziel widerspiegeln, da sie auf Prinzipien der Mitbestimmung oder Mitarbeiterbeteiligung basieren oder auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind.“
Somit steht die Social Entrepreneurship für ein unternehmerisches Selbstverständnis, welches Innovationsgeist, Philanthropie und soziale Wertschöpfung vereint und gesellschaftliche und kommerzielle Zwecke verfolgen kann.
So auch Martin Höfeler der, aus einer Gründerfamilie stammende, Gründer des erfolgreichen Fair Fashion Labels Armedangels: „Wieso soll es nicht möglich sein, ein Unternehmen aufzubauen, das unabhängig profitabel arbeitet und dazu eine zweite Säule, den positiven Impact, hat.“
Betriebswirtschaftliche Bestrebungen
Obwohl philanthropische Motive im Vordergrund stehen, kann die Gründung eines Social Enterprises zur Verfolgung von Zwecken der Gemeinnützigkeit auch betriebswirtschaftliche Vorteile haben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Anerkennung dieser Zwecke der Gemeinnützigkeit beispielsweise im Stiftungsrecht gelingt und Steuerbegünstigungen nach sich zieht.
Auch bestehen für Social Entrepreneure aufgrund der Gemeinnützigkeit ihres Vorhabens weitere Finanzierungsmöglichkeiten, wie die steuerbegünstigte Spendeneinnahme. Darüber hinaus ist der Prozess der Kundengewinnung oft weniger zeitintensiv und aufwendig, da Kunden oder Partner, die ähnliche gesellschaftliche Probleme sehen und Herzensprojekte verfolgen, direkt angesprochen werden.
Social Entrepreneure sollten sich sowohl beispielsweise im Stiftungsrecht als auch bezüglich der Gemeinnützigkeit und der Privatnützigkeit von Juristen mit Expertise beraten lassen, um Konzepte zu entwickeln, wie sie nachhaltig ihr privates oder betriebliches Vermögen sichern und daneben für die Förderung des Allgemeinwohls einstehen können. Diese rechtliche Expertise sollte mit einem Verständnis für die philanthropischen Bestrebungen des Social Entrepreneurs und tief-gehendem Expertenwissen im Stiftungsrecht und bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit einhergehen.
Gestaltungsmöglichkeiten
Das deutsche Recht sieht keine Rechtsform beispielsweise im Stiftungsrecht für die Gründung eines Social Enterprises explizit vor und dieses eröffnet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Somit stehen für ein solches dieselben Rechtsformen zur Verfügung, die auch für die Organisation rein kommerzieller Unternehmen denkbar sind.
Eine angemessene und sensible Ausnutzung dieser Gestaltungsmöglichkeiten ist nicht nur mit Blick auf die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen Steuervorteile, die beispielsweise im Stiftungsrecht gewährt werden, betriebswirtschaftlich bedeutsam. Sondern es sollten auch der Struktur und dem Konzept der philanthropischen Bestrebung des Social Entrepreneurs Rechnung getragen werden und eine Sensibilität für die Verantwortung des Vermögenden bestehen.
Stiftungsrecht
Häufig können Stiftungen im Stiftungsrecht mit einer individuell ausgestalteten Satzung das Mittel der Wahl für Social Entrepreneurship sein. Denn diese können zur Verfolgung eines bestimmten Zweckes der Gemeinnützigkeit und somit den philanthropischen und betriebswirtschaftlichen Bestrebung des Social Entrepreneurs entsprechend errichtet werden.
Es gibt unterschiedliche Arten von Stiftungen im Stiftungsrecht, wie die selbstständig rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. Diese hat, nach staatlicher Anerkennung selbst das gestiftete Vermögen inne und wird durch ihren Vorstand oder Geschäftsführer vertreten. Es ist auch die Organisation als unselbstständige Treuhandstiftung im Stiftungsrecht möglich, welche durch eine andere Institution verwaltet wird (vgl. §§80ff. Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Es kann durch das Stiftungsrecht im Gegensatz zu anderen Rechtsformen eine besondere Bestandsgarantie gesichert werden, da keine Mitgliederversammlungen oder ähnliche Gremien existieren, bei denen eine Änderung des Satzungszweckes vorgenommen werden kann. Die Organisation als Stiftung im Rahmen des Stiftungsrechts kommt somit insbesondere dann in Frage, wenn es dem Social Entrepreneur darauf ankommt, eine Weiterführung des Unternehmens über seinen Tod hinaus zu gewährleisten und den Zweck der Gemeinnützigkeit, der auf die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen gerichtet ist, sicherzustellen.
Möglich ist auch die Organisation im Sinne eines hybriden Stiftungsmodells im Stiftungsrecht, welches die zwei eigenständigen Rechtspersönlichkeiten einer steuerbegünstigten Stiftung und einer Familienstiftung verbindet. Im Wege beispielsweise dieser Doppelstiftung, die das Stiftungsrecht bereithält, können Zwecke der Gemeinnützigkeit und der Privatnützigkeit verbunden werden, indem philanthropischen Bestrebungen und der generationsübergreifende Vermögenserhalt mit steuerlichen Privilegien ermöglicht werden.
Sonstige Rechtsformen
Andere Rechtsformen, die das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllen können sind, neben dem Stiftungsrecht, eine Organisation als eingetragener Verein (§§21ff. BGB), als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (vgl. §§1ff., §5 Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung; GmbHG) oder als Unternehmensgesellschaft (§5a GmbHG) oder als eingetragene Genossenschaft (§4 Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften; GenG).
Eine Organisation als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§705ff. BGB) ist zwar möglich, die Anerkennung für die Gemeinnützigkeit scheitert jedoch an dem Kriterium der Körperschaft (vgl. §51 Abs. 1 Satz 2 Abegabenordnung; AO).
Zu beachten ist, dass nach der Gründung auch die Möglichkeit besteht, in eine andere Rechtsform beispielsweise in eine Stiftung im Stiftungsrecht zu wechseln. Auch können Social Enterprises entstehen, wenn eine Ausgliederung aus kommerziellen Unternehmen stattfindet oder wenn sich gemeinnützige Unternehmen wirtschaftlich betätigen.
Gemeinnützigkeit und Steuervergünstigungen
Grundsätzlich müssen Social Enterprises nicht das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllen, um einen gesellschaftlichen Nutzen erbringen zu können. Verschreiben sie sich jedoch Zwecken der Gemeinnützigkeit und verfolgen diese unmittelbar durch ihre Betätigung und sind als Körperschaften organisiert, so können sie von steuerlichen Begünstigungen profitieren (§§52ff. AO).
Es ist insbesondere zu beachten, dass ein Social Enterprise zwar Zwecke der Gemeinnützigkeit zur Förderung des Allgemeinwohls unmittelbar, ausschließlich und selbstlos verfolgen muss (§§57, 56, 55, 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Jedoch ist es der Körperschaft nicht grundsätzlich verboten, auch eigenwirtschaftliche Zwecke zu verfolgen, soweit Gewinne für satzungsmäßige Zwecke reinvestiert werden.
Konkret hat die Anerkennung der Gemeinnützigkeit steuerliche Begünstigungen, wie die Befreiung von Ertragssteuern (Körperschafts- und Gewerbesteuer), die Begünstigung oder Befreiung bei der Umsatzsteuer und die Möglichkeit der Finanzierung durch steuerbegünstigte Spenden zur Konsequenz.
Bei der Anerkennung und Erhaltung der Gemeinnützigkeit sollte rechtliche Expertise im Stiftungsrecht und im Recht der Gemeinnützigkeit eingeholt werden, um das geschaffene Potential langfristig auszuschöpfen. Hierbei sollte insbesondere der Zweck der Gemeinnützigkeit klar formuliert werden und eine Sensibilität für die Bedeutsamkeit des Erfolges nicht nur für den Social Entrepreneur, sondern auch für die Allgemeinheit im Vordergrund der Beratung stehen.
Resumé
Das Konzept der Social Entrepreneurship zeigt, dass ein großes Vermögen nicht nur große Verantwortung mit sich bringt, sondern auch die Möglichkeit, sich dieser aktiv anzunehmen und Gutes zu tun. Durch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten im Stiftungsrecht wie mit hybriden Modellen können Social Entrepreneure philanthropische und betriebliche Bestrebungen vereinen.
„Ein großes Vermögen bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und das schließt soziales Engagement keineswegs aus. Im Gegenteil, Social Entrepreneurship bietet die Möglichkeit, mit Wohlstand nachhaltig Lösungen zu gesellschaftlichen Herausforderungen zu entwickeln und umzusetzen.“ So dtb-Partner und Experte für Stiftungsrecht und Gemeinnützigkeit Bertold Schmidt-Thomé.
Stand 09.04.2025