Das Instrument der Wahl für die Nachlassplanung eines Künstlers ist die Kunststiftung des Stiftungrechts. Die Kunststiftung stellt sicher, dass der künstlerische Nachlass mit Feingefühl geplant, gesichert und zusammengehalten und gleichzeitig nachfolgenden Generationen nach den persönlichen Vorstellungen des Künstlers zur Verfügung gestellt wird.
Das Instrument des Stiftungsrechts gewährleistet die individuelle Ausgestaltung und rechtlich klare Absicherung von Künstlernachlässen für Künstler, ihre Erben und kooperierende Galeristen bei der Einbringung des Oeuvres in eine Kunststiftung.
Genauere Betrachtung der Stiftungen des Stiftungsrechts
Es lohnt sich sowohl für Kunstschaffende und ihre Erben oder solche, die mit dem Nachlass befasst sind, als auch für Galeristen, sich mit dem Stiftungsrecht auseinanderzusetzen. Denn das Stiftungsrecht ermöglicht es dem Stifter sein Vermögen einem bestimmten Stiftungszweck zu widmen.
Eine jahrelange kreative und schaffende Tätigkeit, die unbezahlbare Früchte trägt und viele Kunstwerke und Kreationen hervorbringt, sollte mit einer entsprechenden Nachlassplanung gewürdigt werden.
Es gibt unterschiedliche Arten von Stiftungen im Stiftungsrecht, wie die selbstständig rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. Diese hat, nach staatlicher Anerkennung selbst das gestiftete Vermögen inne und wird durch ihren Vorstand oder Geschäftsführer vertreten (vgl. §80 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Es ist auch die Organisation als unselbstständige Treuhandstiftung möglich, welche durch eine andere Institution verwaltet wird. Da ein Mindestkapital, anders als bei der selbstständigen Stiftung, nicht nötig, ist bietet sich diese regelmäßig für private Kunststiftungen an.
Auch bietet das Stiftungsrecht die Möglichkeit einer Zustiftung in das Vermögen einer bereits bestehenden Stiftung.
Welche Stiftungsart des Stiftungsrechts sinnvoll ist, hängt regelmäßig vom Zweck der Stiftung und der angestrebten Struktur ab. Hierbei sollte sich an Experten im Stiftungsrecht gewandt werden, die sich der Bedeutung des Werkes als kulturelles Erbe bewusst sind und sich den Interessen der Künstler ernsthaft annehmen und diesen Rechnung tragen wollen.
Beispielsweise kann es von Vorteil sein, die Stiftung so zu organisieren, dass Lizenz- und Reproduktionsrechte bei der Stiftung liegen. Erzeugnisse hieraus können der Finanzierung der Stiftungsarbeit dienen.
Besonderheiten des Stiftungsrechts
Die Besonderheit ist, dass der Stifter im Rahmen des Stiftungsrechts zu Lebzeiten oder von Todes wegen konkret und individuell den Zweck der Kunststiftung bestimmen kann. Es kann hiermit der Eigenart von Kunst, im Gegensatz zu anderen Vermögenswerten, als Kommunikationskanal für emotionalen Ausdruck des Künstlers Rechnung getragen werden.
Beispielsweise kann der Künstler genaue Vorgaben dahingehend machen, welche seiner Werke auf welche Art und Weise konserviert und gepflegt aber auch ausgestellt, veröffentlicht oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.
Auch können mithilfe des Stiftungsrechts Maßnahmen geplant werden, um eine neue kreative Generation anzusprechen. Hierfür können Projekte zur Förderung von beispielsweise Stipendiaten wie angehenden Künstlern ins Leben gerufen werden, die hierdurch an ihrer eigenen künstlerischen Identität arbeiten können.
Somit bietet das Stiftungsrecht Individualisierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, um das künstlerische Werk und die künstlerische Persönlichkeit mit Feingefühl abzubilden.
Vorgaben des Stiftungsrechts bezüglich der Stiftungserrichtung
Die Errichtung einer unselbständigen Stiftung des Stiftungsrechts ist ein Vertrag zwischen Stifter und Stiftungsträger. Es wird sich am Leitbild der selbstständigen Stiftung orientiert, auch mit Blick auf steuerliche Privilegierung.
Solche Treuhandstiftungen unterliegen jedoch nicht der Aufsicht der Stiftungsbehörden und es findet kein staatliches Anerkennungsverfahren statt (vgl. §80 Abs. 2 Satz 1 BGB). Somit besteht bei der Anpassung und Individualisierung des Vertrages viel Spielraum.
Mithilfe der Satzung können Vermögenswerte auf unkomplizierte Art einem bestimmten Zweck gewidmet werden. Die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks sollten mithilfe der zunächst eingebrachten freien und der zu erwirtschaften Mittel gesichert sein.
Bei einer Kunststiftung ist zu ermitteln, welche Geldmittel für einerseits die Pflege, angemessene Lagerung und Konservierung und andererseits für Ausstellungs- oder Dokumentationszwecke langfristig nötig sind. Hierbei sollten auch mögliche Einnahmen oder Spenden einberechnet werden.
Der Stifter überträgt das dem Satzungszweck gewidmete Vermögen. Es ist zu beachten, dass im Stiftungsrecht das Vermögen konkret bezeichnet und möglichst genau angegeben werden sollte. Der Stifter sollte sich möglichst darum bemühen, seine jeweiligen Kunst- und Kulturgüter, Geldmittel und weitere, zu stiftende, Sachen im Stiftungsgeschäft konkret zu benennen.
Es können auch Immobilen gestiftet werden. Sollen beispielsweise die Werke in einem eigens hierfür errichteten und gestalteten Gebäude ausgestellt werden, so kann eine Immobilie in die Stiftung eingebracht und dem Ausstellungszweck gewidmet werden.
Die Kunststiftung sollte in der Lage sein, ein umfassendes, genaues und detailliertes Werkverzeichnis des Künstlers führen zu können. Dies vereinfacht eine angemessene Verwaltung des künstlerischen Nachlasses.
Es liegt daher im Interesse des Künstlers, die zu stiftenden Kunstwerke schon zu Lebzeiten zu organisieren. Zu diesem Zwecke ist es sinnvoll, die einzelnen Werke mit Informationen wie dem Entstehungsjahr, dem Namen, einer Beschreibung, den Maßen und der Werkverzeichnisnummer zu versehen. Auch der gemeine Wert sollte angegeben werden.
Die Errichtung einer Stiftung nach dem Stiftungsrecht bedarf somit Planung zu Lebzeiten. Jedoch vermag es die Kunststiftung, wie kein anderes Instrument, die Integrität der Kunstwerke in ihrer Gesamtheit und als alleinstehende Werke zu bewahren und hierbei individuellen Raum zur Gestaltung auszunutzen.
Bei der Errichtung sollte die Expertise von Stiftungsrechtsanwälten eingeholt werden, die sich der emotionalen Besonderheit und Wichtigkeit der Ausgestaltung von Künstlernachlassen bewusst und bei der Planung unterstützend und beratend tätig sind.
Weitere Planungs- und Gestaltungsmöglichkeiten des Künstlers
Das Stiftungsrecht ermöglicht es Künstlern, ihr Oeuvre über ihre Lebzeiten hinaus weiterhin besondere Wirksamkeit zu verschaffen und es der kulturellen und künstlerischen Landschaft in der individuellen Art und Weise so zur Verfügung zu stellen, wie es gewünscht ist.
Auch Kunstsammler können mithilfe einer Stiftung des Stiftungsrechts planen, in welcher Art ihre liebevoll und gegebenenfalls langjährig kuratierte und gepflegt Kunstsammlung der Nachwelt zur Verfügung stehen soll.
Soweit beispielsweise eine Schenkung eines Werkes an ein Museum angedacht ist und dieses aus kuratorischer Sicht nicht in die Sammlung passt oder die Institution keine Kapazitäten zur Aufnahme hat, bietet das Stiftungsrecht die Möglichkeit das Werk anderweitig der Öffentlichkeit zuzuführen oder diese Unannehmlichkeiten von vorne herein zu vermeiden.
Besteht zu Lebzeiten eine Kooperation zwischen Künstlern und Galeristen bietet das Stiftungsrecht für Galeristen Vorteile. Das Stiftungsrecht gewährt beispielsweise die Möglichkeit, zu vereinbaren, dass Galeristen nach dem Tode Teil des Stiftungsgremiums des Künstlers werden und so ihre Arbeit fortsetzen können. Dieses ist sinnvoll, da Galeristen oft jahrelange Erfahrung zu der Wirk-, Arbeits- und Werkweise des Künstlers haben und ihrer Einschätzung praktisch sinnvoll ist.
Auch können Familienangehörige, Kunstwissenschaftler oder Kuratoren in die Planung eingebunden werden.
Mit dem Instrument der Kunststiftung bietet das Stiftungsrecht somit einen sehr hohen Grad an Selbstbestimmung und Flexibilität für Künstler, Erben und Kooperationspartner wie Galeristen. Mithilfe der Bestimmung eines konkreten Stiftungszwecks ist eine langfristige Planung des künstlerischen Nachlasses möglich, der mithilfe vielfältiger Gestaltungsmöglichkeiten individuell an die Vorstellungen des Künstlers angepasst wird.
Auch können öffentliche und private Partnerschaften mithilfe des Stiftungsrechts kreiert werden. So können neue Ideen und Wege geschaffen werden, die Kunst beispielsweise auszustellen und so der Öffentlichkeit angemessen zu präsentieren.
Zusammenhalt des Oeuvres
Die Errichtung einer Kunststiftung durch das Stiftungsrecht hat zudem den besonderen Vorteil, dass die Sammlung eines Künstlers zusammengehalten werden kann.
Oftmals, wenn der Erbfall eintritt und keine Nachlassplanung stattfand, kann dies das Zersplittern der Werke eines Künstlers oder einer Sammlung zur Folge haben. Denn die Kunstwerke fallen in die Hände unterschiedlicher Erben, die beispielsweise keine genaue Vorstellung davon haben, wie dem künstlerischen Nachlass weiterhin Geltung geschenkt werden kann.
Hier hilft das Stiftungsrecht, denn es können mit dem Stiftungszweck bindend Vorgaben bezüglich des Schicksals des Nachlasses als Ganzes gemacht werden.
Der Zusammenhalt eines ganzen Werkes von Künstlern, welches nicht nur vollständige Kunstwerke, sondern auch Notizen, Skizzen und Experimente beinhalten kann, hat eine weitreichende kulturelle Bedeutung. Denn den Überblick über das gesamte Werk zu haben, kann für Betrachter eigene Kreativität fördern, die Einbettung in die Kunstszene und ihre Bedeutung hierfür verdeutlichen.
Somit bietet das Stiftungsrecht die Option, das gesamte Werk für die kommenden Generationen und nicht zuletzt auch die kulturelle Bedeutung dessen zu sichern. Der Zusammenhalt des gesamten Werkes vermag es für den Künstler die Geschichte seines Schaffens zu erzählen und diese lebendig zu halten.
Die besondere Bedeutung der Pflege und Organisation von künstlerischen Nachlässen betont auch Kulturwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin Gora Jain.„Künstlernachlässe sind Geschichte, und sie erzählen Geschichten. Dieser wesentliche Baustein einer Erinnerungskultur zeichnet sich durch hohe Authentizität allein schon durch die oftmals sehr persönliche Nähe Kunstschaffender zu welterkundenden Fragestellungen aus. Der besondere Quellen- und Forschungswert von Künstlernachlässen sowohl für die Zeitgeschichte als auch für die vergleichende Kultur- und Kunstgeschichtsschreibung muss daher als Kulturgut und schützenswertes Kulturerbe anerkannt sowie im öffentlichen Bewusstsein und fachlichen Diskurs verankert werden.“
Steuerliche Vorteile einer Kunststiftung aus dem Stiftungsrecht
Das Stiftungsrecht bietet auch steuerrechtliche Vorteile. Grundsätzlich unterliegen Stiftungen der Steuerpflicht. Es müssen Grunderwerbs- und Kapitalverkehrssteuern entrichtet werden. Das Stiftungsrecht kann aber bei der Übertragung von Kunst auf eine gemeinnützige Stiftung zu Steuerprivilegien führen, sodass diese Steuern nicht zu entrichten sind.
Dann kann die Kunst steuerfrei übergehen und die Stiftung darüber hinaus im laufenden Stiftungsbetrieb von Steuerprivilegien profitieren. Die eingesparten Abgaben können wiederum in die Pflege und Konservierung der Werke oder Förderung von kulturellen Projekten, die dem Künstler am Herzen liegen, fließen.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Tätigkeit der Kunststiftung „darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellen, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern“ gemäß §52 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Dann liegt Gemeinnützigkeit vor.
Für das Stiftungsrecht ist gemäß §52 Abs. 1 Nummer 5 AO anerkannt, dass die Förderung von Kunst und Kultur als „Förderung der Allgemeinheit“ zu werten und somit ein gemeinnütziger Zweck ist. Soweit eine kunstwissenschaftliche Relevanz dargelegt werden kann, liegt Gemeinnützigkeit bei der Bearbeitung und Erhaltung des Oeuvres vor.
Bekannte Kunststiftungen
Immer mehr bekannte Künstler haben national und international von den Besonderheiten des Stiftungsrechts Gebrauch gemacht und neue Generationen inspiriert.
„Aber was wirklich aufregend ist, ist der robuste, langfristige Anstieg sowohl bei der Vergabe von Fördermitteln als auch beim Betrieb von Kultur- und Bildungsprogrammen - Archive und Studienzentren, Ausstellungsprogramme, Künstlerresidenzen usw.“ So Christine J. Vincent, die Autorin des Berichts mit dem Titel „The Artist as Philanthropist: Strengthening the Next Generation of Artist-Endowed Foundations“.
In Deutschland hat beispielsweise Peter Jacobi, Künstler und Bildhauer, in 2018 die Stiftung „Peter Jacobi Stiftung Kunst & Design“ ins Leben gerufen. Hauptanliegen ist es, junge Künstler und Designer zu fördern und jährlich ein Stipendium zu vergeben.
Leiko Ikemura, japanisch-schweizerische Malerin, Grafikerin und Bildhauerin und international bekannte Künstlerin, gründete 2017 mit ihrem Ehemann, Architekt Philipp von Matt die unselbstständige Stiftung Ikemura Foundation. Sie beinhaltet eine repräsentative Auswahl von Werken und bleibt offen für weitere Zustiftungen durch Ikemura.
Durch die Gewährung von Gussrechten wird die Steigerung des Vermögens der Stiftung gesichert. Insbesondere schätzt Ikemura am Stiftungsrecht, dass es besondere Freiheiten gewährt. „Als Künstlerin brauche ich Freiheit für mein Schaffen und meine Positionen - diese Freiheiten sind mit der Gründung der Ikemura Foundation für alle Zeiten abgesichert.“
Weitere bekannte Stiftungen sind unter anderem die Andy Warhol Stiftung (The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts), Picasso Stiftung (Fundación Picasso), Helen Frankenthaler Stiftung (Helen Frankenthaler Foundation), Robert Mapplethorpe Stiftung (Robert Mapplethorpe Foundation) und Jackson Pollock Stiftung (Pollock-Krasner Foundation).
Resumé
Die Gründung einer Kunststiftung im Rahmen des Stiftungsrechts bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit für Künstler, Erben, Sammler und Galeristen, den künstlerischen Nachlass auf ewig angemessen zu sichern und nach persönlichen Interessen zu gestalten. Durch eine individuell festgelegte Stiftungssatzung können die Zukunft des künstlerischen Werkes aktiv geformt, kulturelle Teilhabe gestärkt und unterschiedliche Förderungsprojekte ins Leben gerufen werden.
„Das Stiftungsrecht bietet mit der Kunststiftung ein außergewöhnliches Instrument zur Nachfolgeplanung mit personalisierter Konfiguration. Die Kunststiftung kann individuell gestaltet werden und das künstlerische Lebenswerk nach den jeweiligen persönlichen Vorstellungen abbilden. So kann das gesamte Oeuvre des Künstlers der Gesellschaft dauerhaft als kulturelles Erbe zur Verfügung stehen.“ So dtb-Partner, Kunsthistoriker und Experte für Stiftungsrecht und Gemeinnützigkeitsrecht Bertold Schmidt-Thomé.
Stand 26.03.2025