30.10.2025

Schutz von kulturellem Erbe im Stiftungsrecht

Das kulturelle Erbe von Schmuckstücken, Kunstsammlungen oder anderen Kulturgütern kann mithilfe von Stiftungslösungen für die Ewigkeit erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Denn das Stiftungsrecht bietet unterschiedliche Möglichkeiten der Wahrung von immateriellen und kulturellen Werten von Kulturgegenständen. Hiermit kann der Reduzierung dieser auf ihren Materialwert entgegengewirkt werden, wie es zuletzt bei dem Diebstahl der historischen Kronjuwelen aus dem Louvre der Fall war.

Diebstahl von kulturell relevanten Schmuckstücken aus dem Louvre

Am 19. Oktober 2025 entwendeten Diebe mehrere historische Kronjuwelen aus der Galerie d’Apollon des Louvre. Hierunter befanden sich ein Diadem der Kaiserin Eugénie, eine Kette von Napoleon Bonapartes zweiter Ehefrau Marie-Louise und mehrere Broschen, Ohrringe und eine Saphirkette aus der Zeit des französischen Kaiserreichs.

Der Verlust dieser historisch wertvollen Schmuckstücke aus dem Louvre zeigt, wie bedeutsam die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Wert von Kulturgütern ist.

Die Juwelen beispielsweise verkörpern einen Teil der Geschichte und nicht zuletzt der Handwerkskunst Europas. Ihr historischer Wert für die kulturelle Identität des Landes ist somit unschätzbar. So beschrieb auch Präsident Emmanuel Macron die Juwelen als „französisches Kulturgut und Teil der Geschichte Frankreichs.“

Auch dtb-Partner und Experte für Stiftungsrecht sowie Kunsthistoriker Bertold Schmidt-Thomé betont den hohen kulturellen Verlust durch den Diebstahl: „Ich fürchte tatsächlich, dass hier jemand gehandelt hat, dem es um diesen materiellen und nicht den kulturellen Wert ging.“

„Der Diebstahl im Louvre trifft nicht nur Frankreich, er trifft das kulturelle Gedächtnis Europas. Wenn Kunstwerke verschwinden, verlieren wir nicht nur materielle Werte. Kulturgüter sind Schätze unserer Identität, sie sind das Gedächtnis von Nationen und Kulturräumen, das ideelle Erbe der Menschheit. Kulturgüter sind zugleich Spiegel unserer selbst und machen fassbar, woher wir kommen, was uns ausmacht und wo wir hinwollen. Wenn sie dem Auge der Öffentlichkeit – wenn sie uns – entzogen werden, verlieren wir zugleich einen Teil von uns selbst. Deshalb verdienen Kunst und Kultur nicht nur Förderung, sondern auch Schutz.“ So der deutsche Staatsminister für Kultur und Medien Wolfram Weimer.

Der Louvre als kulturelle Einrichtung im Stiftungsrecht

Bei dem Louvre handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung, die mit ihren Sammlungen einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes Frankreichs und der Menschheit zusammenträgt und für die breite Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar macht.

Hierfür hat der Louvre einen Stiftungsfonds nach dem angelsächsischen Modell geschaffen. Mit dem Louvre Endowment Fund (Stiftungsfonds) können Personen, die philanthropisch tätig sind, Kapital oder Kunstwerke auf die Einrichtung übertragen (Mehr zu Social Entrepreneurship und Philanthropie im Stiftungsrecht).

So sichert sich die Institution dauerhaft finanziell ab und sorgt dafür, dass die eingebrachten Kulturgüter in ihrem „künstlerischen und kulturellen Erbe bewahrt und für zukünftige Generationen erhalten bleiben.“

Laurence des Cars, Präsidentin und Direktorin des Louvre und Präsidentin des Stiftungsfonds, sagt zu der Bedeutsamkeit des Erhalts von kulturellem Erbe mithilfe des Stiftungsfonds: „Manche Orte überdauern die Zeit, dienen aber gleichzeitig als Bezugspunkt, der fest in der Realität ihrer jeweiligen Epoche verankert ist. Der Louvre ist einer dieser Orte. Dank des unvergleichlichen Reichtums seiner Sammlungen, der Vielfalt der präsentierten Kulturen und der Geschichte, die er uns über uns selbst erzählt, ist der Louvre ein Wunderland, ein Ort des Lernens und manchmal auch ein willkommener Zufluchtsort.“

Deutsche Stiftungen als Instrumente zur Sicherung von kulturellen Werten

Auch in der Bundesrepublik Deutschland spielen privatrechtliche sowie öffentlich-rechtliche Stiftungslösungen bei der Sicherung des kulturellen Erbes und der Kulturförderung eine große Rolle. Sie bilden oftmals den rechtlichen Rahmen, welcher den Erhalt des kulturellen Kontexts und Wertes von Kulturgütern sicherstellt.

Der Stifter und Mitgründer des Softwareunternehmens SAP Dr. h. c. mult. Hasso Plattner hat eine der wichtigsten Sammlungen postimpressionistischer und impressionistischer Kunst mit Werken von Claude Monet, Auguste Renoir, Alfred Sisley, Berthe Morisot, Camille Pissarro, Gustave Caillebotte und Paul Signac zusammengetragen.

Um diese kulturellen Güter für alle Zeiten zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gründete Plattner im Jahre 2015 die Stiftung Hasso Plattner Foundation.

Unter dem Credo „Das Original erleben, die Begeisterung teilen“ präsentiert er dauerhaft Teile seiner Gemäldesammlung im Museum Barberini. Auch finanziert seine Stiftung den Museumsbetrieb, das Ausstellungsprogramm sowie die Erweiterung der Sammlung des Museums Barberini und des MINSK Kunsthauses in Potsdam.

Das Stadtmuseum Berlin bewahrt mit seinen Museen als Stiftung „das kulturelle Erbe der Stadt Berlin und der hier lebenden Menschen“. Es zählt zu einer der größten kulturhistorischen Einrichtungen Deutschlands, wobei die Sammlung über mehr als 4.5 Millionen Objekte zu Kunst, Kultur und Geschichte der Stadt verfügt. Es wird wiederum durch die Kulturstiftung des Bundes finanziell unterstützt.

Auch die Länder betreiben unterschiedliche privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche kulturelle Stiftungen wie die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, die den Staat bei der gezielten Stärkung bedeutender kultureller Einrichtungen oder bei Ankäufen für Museen unterstützen.

Diese können wiederum von privaten Stiftungen durch Zustiftungen  oder Leihgaben durch Kooperationen unterstützt werden, um so „die Kunstsammlung u.a. bei Forschungsprojekten, Ausstellungen und bei der Entwicklung neuer Bildungs- und Vermittlungskonzepte fördernd“ zu begleiten.

Auch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ist eine weltweit bekannte Kultureinrichtung und verfügt über insgesamt 25 Museen, Bibliotheken, Archive und Forschungsinstitute. Ihre Sammlungen „dokumentieren die kulturelle Entwicklung der Menschheit von den Anfängen bis in die Gegenwart, in Europa wie in anderen Kontinenten“.

Die SPK ist als bundesunmittelbare Stiftung organisiert und wird vom Bund und allen Bundesländern gemeinschaftlich getragen und finanziert. In ihrem Namen trägt sie seit ihrer Gründung im Jahr 1957 das ihr anvertraute kulturelle Erbe. Die Bundesrepublik Deutschland hatte sich die Zusammenführung und Erhaltung des preußischen kulturellen Erbes zur nationalen Aufgabe gemacht.

Auf welche Weise ermöglicht es das Stiftungsrecht, kulturelle Werte zu sichern?

Das Stiftungsrecht hält verschiedenste Stiftungslösungen bereit, um kulturell bedeutsame Gegenstände für die Nachwelt zu wahren, zu schützen und zugänglich zu machen. Mithilfe des Stiftungsrechts kann vermieden werden, dass diese auf ihren materiellen Wert reduziert oder als Sammlungen zersplittert werden.

Private Sammlungen können in eine selbstständige rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts überführt werden, welche mit eigenen Organen wie einem Vorstand ausgestattet ist (vgl. §§80ff. Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Auch haben Stifter die Möglichkeit, eine unselbstständige Treuhandstiftung errichten, welche durch eine andere Institution verwaltet wird und mithilfe der beispielsweise Ausstellungen organisiert werden können (Mehr zur Treuhandstiftung).

Stifter können darüber einzelne Zustiftungen in das Stiftungsvermögen einer bereits bestehenden Stiftung tätigen. So können auch einzelne kulturell bedeutsame Gegenstände für die Nachwelt in ihrem historischen Wert geschützt und einer Sammlung hinzugefügt werden.

Bestandsgarantie als Vorteil des Stiftungsrechts

Privaten Sammlern, denen der ewige Erhalt der kulturellen Werte ihrer Sammlung am Herzen liegt, können diese mithilfe des Stiftungsrechts für zukünftige Generationen sichern und der Nachwelt zugänglich machen.

Denn eines der Wesenselemente und Besonderheiten der Stiftung ist in Abgrenzung zu anderen zivilrechtlichen Instituten ihre Lebensdauer (§80 I S. 2 BGB). Eine Stiftung kann grundsätzlich auf unbestimmte Zeit, auch auf ewig bestehen und stetig der Erfüllung des Stiftungszweckes dienen (Eine Ausnahme stellt die Verbrauchsstiftung dar).

So können Kulturgüter, die eine jahrhundertelange Historie repräsentieren und geschichtlich relevante Informationen, Traditionen und Moden der damaligen Zeit transportieren, erhalten bleiben. Der kulturellen Verantwortung, die eine solche Sammlung mit sich bringt, kann in angemessener Weise entsprochen werden, indem sie konserviert wird.

Beispielsweise können so Sammlungen von historischen Wissensbeständen über Schmuckstücke als kulturell wertvolle Inspirations- und Lehrquelle für die Handwerks- und Goldschmiedekunst für alle Ewigkeit zusammengehalten und öffentlich zugänglich gemacht werden.

Im Gegensatz zu anderen Nachlassgestaltungsinstrumenten beugt die Überführung in eine Stiftung auch dem Zersplittern einer Sammlung, die mit hohem Sachverstand und viel privatem Engagement zusammengetragen wurde, vor.

Das Stiftungsrecht macht den Erhalt einer Sammlung als Ganzes auf ewig möglich. Das hat den Vorteil, dass sie in ihrer inhaltlichen Integrität zusammengehalten werden kann und so einzelne Teile nicht aus dem, vom Sammler geschaffenen, Kontext gelöst werden.

Individuelle Stiftungssatzung als Vorteil des Stiftungsrechts

Zur Bewahrung kulturell wertvoller Güter können Sammler mithilfe der individuell ausgestalteten und bindenden Stiftungssatzung konkrete Angaben zum Schicksal ihrer Sammlung machen.

Stifter können mithilfe der Stiftungssatzung vorgeben, welche Kulturgüter auf welche Art und Weise konserviert und gepflegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. So kann dem Verlust der kulturellen Identität von Objekten nach den individuellen Vorstellungen der Stifter vorgebeugt werden.

Hierbei haben sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Anpassung der Stiftungssatzung. Mit Blick beispielsweise auf neue digitale Möglichkeiten, wie die Digitalisierung von Sammlungen, kann eine Satzungsanpassung geprüft werden (Mehr zur Stiftungssatzung und Satzungsänderungen).

Auch besteht im Stiftungsrecht die Möglichkeit, eigene Immobilien in das Stiftungsvermögen einzubringen und diese mithilfe der Stiftungssatzung dem Ausstellungszweck oder dem Betrieb eines eigenen Museums zu widmen.

Somit bietet das Stiftungsrecht mit den Individualisierungsmöglichkeiten der Stiftungssatzung ein bedeutsames rechtliches Mittel auch für private Sammler, die Bewahrung kultureller Güter für die Allgemeinheit und nach ihren Vorstellungen zu gewährleisten.

Steuerliche Privilegien der gemeinnützigen Stiftung 

Auch unterstützt der deutsche Gesetzgeber gemeinnützige Stiftungen mithilfe von steuerlichen Privilegien dabei, kulturelle Güter zu schützen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Gemeinnützige Stiftungen werden steuerlich privilegiert, soweit sie „steuerbegünstigte Zwecke“ verfolgen. Voraussetzung hierfür ist gemäß §52 Abs. 1 Abgabenordnung; AO, dass die Tätigkeit der Stiftung „darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern.“

Es ist gemäß §52 Abs. 1 Nummer 5 AO anerkannt, dass die Förderung von Kunst und Kultur als „Förderung der Allgemeinheit“ zu werten ist und somit ein gemeinnütziger Zweck vorliegt. Hierbei muss der jeweilige Stifter die kunstwissenschaftliche Relevanz seiner Sammlung darlegen.

Konkret wird eine gemeinnützige Stiftung von der Erbschafts- oder Schenkungssteuer bei der anfänglichen oder nachträglichen Übertragung des Stiftungsvermögens auf die Stiftung und von der Körperschafts-, Gewerbe- und Grundsteuer befreit. Auch können Stiftungen Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke unter bestimmten Umständen als Sonderausgaben abziehen (vgl. §10b Abs. 1 Einkommensteuergesetz; EStG).

Mithilfe der eingesparten Abgaben können Stifter wiederum die Pflege ihrer Sammlung oder die Restaurierung der Kulturgüter gewährleisten und es können Gelder zur Verfügung gestellt werden, um Kulturprojekte zu fördern.

Résumé

Die Bewahrung kulturell bedeutsamer Güter über Generationen hinweg kann durch verschiedene Stiftungsformen gesichert werden, indem sie für die Öffentlichkeit auf ewig zugänglich und somit erlebbar gemacht werden. So bietet das Stiftungsrecht ein bedeutsames Instrument, um kulturelle Werte zu erhalten und einer Reduzierung der Kulturgüter auf ihren bloßen Materialwert oder einer Zersplitterung der Sammlung entgegenzuwirken.

„Um den kulturellen und historischen Wert von Kunst- und Kulturgütern in ihren Sammlungen zu sichern und einem Verlust kultureller Identität vorzubeugen, sollten Sammler erwägen, ihre Güter in eine Stiftung zu überführen.“ So dtb-Partner und Experte für Stiftungsrecht sowie Kunsthistoriker Bertold Schmidt-Thomé.

Stand 30.10.2025