Das Marktumfeld, in dem Luxusmarken positioniert werden, hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie Luxusmarken wahrgenommen werden, wie begehrlich sie sind und wie ihr Markenimage nachhaltig gepflegt werden kann.
Die Auseinandersetzung mit dem Markenrecht und der Frage, ob und wann der Vertrieb von Produkten von Luxusmarken außerhalb ihrer selektiven Vertriebssysteme untersagt werden kann, beschäftigt Gerichte ständig. So auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) in seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2023.
Das Markenrecht
Das Markenrecht ist ein gewerbliches Schutzrecht des geistigen Eigentums (vgl. §3 Abs. 1 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen; MarkenG). Der Markeninhaber kann bei der Verletzung des Markenrechts durch Dritte hiergegen vorgehen (§§14ff., 4 MarkenG).
In der Europäischen Union wird das Markenrecht weitgehend unter anderem mit der Unionsmarkenverordnung (UMV) harmonisiert. Die wirtschaftliche Funktion einer Marke, insbesondere von Luxusmarken, liegt darin, als Kommunikationskanal bestimmte Informationen zum Markenimage, der Produktqualität und dem Prestige auf dem Markt zu übermitteln (vgl. §§14, 4 MarkenG).
Auch kann mithilfe des Markenrechts, insbesondere bei Luxusmarken, ein einzigartiger und unverwechselbarer Wiedererkennungswert geschaffen und aufrechterhalten werden. Dementsprechend ist erheblich, in welchem Marktumfeld Luxusmarken positioniert werden und wie nachhaltig das erlangte Image und Prestige der Luxusmarken auf dem Markt gepflegt und gesichert wird.
Zu der Besonderheit von Luxusprodukten und dem „Aufwand das eigene Produkt weltweit zu schützen“ sagt Clemens Pflanz, ehemaliger Manager des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH mit Luxusmarken wie Louis Vuitton, Givenchy, Moët et Chandon: „Herausragende Qualität ist harte Arbeit.“
Der Schutz des guten Rufes von Luxusmarken im Markenrecht ist nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ideellen Gesichtspunkten zu betrachten. Gelingt es Luxusmarken, mithilfe einer aufwendigen Marketingstrategie ihre Produkte auf dem Markt zu platzieren, verliert die Luxusmarke mit jeder unangemessenen Platzierung an Authentizität.
So auch Federica Levato, Partnerin bei der Unternehmensberatung Bain & Company: „Werbung – oder allgemein gesagt Marketing und Kommunikation – hat in der Luxusbranche schon immer eine entscheidende Rolle gespielt.“
Dies ist auch im Interesse von Konsumenten der Luxusmarken. Denn der Genuss von Produkten von Luxusmarken beschränkt sich nicht nur auf die Nutzung der Produkte, sondern besteht schon in der Kauferfahrung, die sich vom Kauf von Alltagsgegenständen abhebt.
Somit bedarf es einer verantwortungsbewussten Betreuung und rechtlicher Expertise bei der nachhaltigen Pflege des Images von Luxusmarken. Es braucht ein spezielles Branchenwissen und darüber hinaus sollte ein Gespür dafür vorhanden sein, welche Marktpositionierung eines Produktes sich in das Markenimage einfügt.
Auch sollten sich Luxusmarken an Experten des Luxusmarktes wenden, die über besondere Marktkenntnisse verfügen und die Bedeutung des jeweiligen Luxusproduktes und ihre Besonderheit für die Konsumenten wertschätzen. Bei der Betrachtung des Marktes muss somit auch der Vertrieb der Produkte der Luxusmarken überwacht und vor möglichen Verletzungen des Prestige- und Luxusimages geschützt werden.
Selektiver Vertrieb von Luxusmarken
Luxusmarken bedienen sich hierzu regelmäßig selektiver Vertriebssysteme. Ausgewählte Vertriebshändler werden dazu verpflichtet, die Produkte der Luxusmarken nur an wiederum ausgewählte Händler zum Verkauf zu überlassen und die Luxusprodukte so zu präsentieren, dass es der Pflege des Images der Luxusmarken gerecht wird.
Es ist anzumerken, dass das in der Europäischen Union geltende Kartellverbot gemäß Artikel 101 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einem solchen Selektionssystem nicht grundsätzlich entgegensteht. Der europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil in der Sache Dior/Evora (EuGH, 04.11.1997 - C-337/95) entschieden, dass Luxusmarken bestimmte Händler für den Vertrieb ihrer Luxusprodukte nach ihren Vorgaben bevorzugen dürfen (vgl. Artikel 103 Abs. 3 AEUV).
Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht
Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass Produkte von Luxusmarken aufgrund eines Lecks außerhalb der selektiven Vertriebssysteme vertrieben werden. Ist ein solcher Fall gegeben, sollten Luxusmarken gegen dieses im Wege des Markenrechts vorgehen, um das sorgsam gestaltete Markenimage nicht zu gefährden und Liebhabern und Konsumenten der Luxusprodukte weiterhin ein authentisches Produkt zu bieten.
Eine Hürde bei einem solchen Vorgehen und regelmäßiger Ausgangspunkt von Rechtsstreitigkeiten im Markenrecht stellt der Erschöpfungsgrundsatz in §24 MarkenG und in der inhaltsgleichen europäischen Vorschrift in Artikel 15 UMV dar.
Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht besagt, dass nach Erstvertrieb mit Zustimmung des Originalherstellers keine Kontrolle des Vertriebes von Produkten der Luxusmarken möglich ist. Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht sieht jedoch eine Ausnahme in §24 Abs. 2 MarkenG und ebenso in Artikel 15 Abs. 2 UMV vor.
Es ist eine weitere Kontrolle durch den Originalhersteller von Luxusmarken möglich, wenn er sich aus „berechtigen Gründen“ wie Veränderungen oder Verschlechterungen des Produktes gegen den weiteren Vertrieb wehren kann.
Mangels einer abschließenden Regelung, wann „berechtigte Gründe“ im Markenrecht vorliegen, ist die Auslegung und Bewertung dessen oft Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Es ist somit essentiell für Hersteller, die hinter Luxusmarken stehen, sich einen Überblick über die jüngste Rechtsprechung zu verschaffen, wenn sie vollumfänglich und sorgfältig das Luxusimage und den guten Ruf ihrer sorgfältig positionierten und mühsam aufgebauten Luxusmarken pflegen und für Konsumenten aufrechterhalten wollen.
Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.06.2023
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 29.06.2023, Az. I-20 U 278/20) hatte über die Klage eines Unternehmen des Parfüm- und Luxuskonzerns Coty, der Parfüms von Luxusmarken vertreibt, zu entscheiden. Nach dem Erstvertrieb gelangten die Parfüms der eingetragenen Unions-Luxusmarken Calvin Klein und Joop! in den Vertrieb durch den Händler Aldi, welcher Teil des Vertriebssystems war.
Da unstrittig gemäß Artikel 15 Abs. 1 UMV Erschöpfung vorlag, musste das OLG prüfen, ob „berechtigte Gründe“ gemäß Artikel 15 Abs. 2 UMV für die Untersagung des Weitervertriebes vorlagen. Das OLG Düsseldorf bejahte dieses und verurteile den Discounter unter anderem dazu, den Vertrieb der Parfüms der Luxusmarken zu unterlassen (Art. 9 Abs. 2 a, 15 Abs. 2 UMV).
Das OLG orientierte sich an der Rechtsprechung des EuGH im Markenrecht, nach der „berechtigte Gründe“ vorlägen, wenn das Image der Luxusmarken eine Rufschädigung durch den Weitervertrieb erleide. Die mögliche Rufschädigung müsse anhand konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall dargelegt werden.
Insbesondere müsse der Händler bei Produkten mit Prestige- und Luxuscharakter darauf hinwirken, die Wertschätzung der Luxusmarken nicht zu beeinträchtigen und der besonderen Ausstrahlung der Luxusprodukte durch die konkrete Präsentation Rechnung zu tragen. Das sei insbesondere essentiell, wenn die Luxusmarken in einem Vertriebsumfeld angeboten werden, welches dem Image der Luxusmarken grundsätzlich nicht gerecht wird (vgl. Dior/ Evora).
Vorliegend sah das OLG konkrete Anhaltspunkte für eine Rufschädigung bei der Präsentation der Luxusparfüms durch den Händler Aldi. Das Gericht untersuchte somit die konkrete Präsentation der Parfüms der Luxusmarken bei dem Händler und das Vertriebsumfeld.
Die Warenpräsentation werde dem Prestigecharakter der Luxusmarken schon deshalb nicht gerecht, da keine gesonderte Parfümabteilung und keine räumliche Abtrennung zur „Allerweltsware“, wie einer „Schütte“ von Spirituosen, erkennbar war. Der Exklusivität der Luxusmarken wurde somit schon nicht hinreichend Rechnung getragen.
Darüber hinaus würde auch die konkrete Warenpräsentation der Parfüms der Luxusmarken ihrem Image nicht gerecht. Denn die Produkten waren alleine aufgrund des Diebstahlschutzes in Glaskästen verpackt und wurden neben Computer-Zubehör und vergleichbar, nicht ebenso luxuriös anmutenden Produkten, angeboten.
Somit sah das Gericht in der möglichen Rufschädigung des Prestige- und Luxusimages der Luxusmarken einen „berechtigten Grund“. Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, im Markenrecht gegen die unangemessene Präsentation von Produkten von Luxusmarken vorzugehen, insbesondere wenn sie jegliche Exklusivität vermissen lässt. Denn zu einem sorgfältig gepflegten und aufrechterhaltenen Luxusimage gehört es, dass auch einzelnen Luxusprodukten nicht ihre Strahlkraft genommen wird.
Urteil des OLG Düsseldorf vom 07.12.2023
Ähnlich gelagert war eine andere Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.12.2023 - 20 U 279/22), wobei das OLG den Online-Händler real.de dazu verurteilte, den Vertrieb von Parfüms der eingetragenen Unions-Luxusmarken Shiseido und ISSEY MIYAKE zu unterlassen (Artikel 9 Abs. 2 a, Artikel 15 Abs. 2 UMV). Der online-Händler war nicht vom ausgewählten Vertriebssystem der Luxusmarken umfasst.
Auch in diesem Fall hatte das Gericht über die Streitfrage im Markenrecht zu entscheiden, ob „berechtigte Gründe“ gemäß §15 Abs. 2 UMV gegen die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes sprechen. Das OLG bestätigte, dass „berechtigte Gründe“ im Markenrecht anzunehmen seien, wenn durch die konkrete Vermarktung und den konkreten Vertrieb der Parfüms von Luxusmarken eine Rufschädigung möglich ist.
Das OLG bekräftigt, dass sich der Händler des Prestige- und Luxuscharakters der Produkte bewusst sein und dieses seiner Kundschaft deutlichen machen muss. Hierbei dürfe die Wertschätzung der Luxusmarken nicht durch eine unangemessene Präsentation der Produkte, vor allem in einem Umfeld ohne jegliche luxuriöse Ausstrahlung, beeinträchtigt werden.
Dieser Grundsatz sei besonders dann zu beachten, wenn den Produkten der Luxusmarken eine „Aura des Luxuriösen“ und eine hochwertige Designsprache zukommen, die das Gegenteil zum Alltäglichen und Gewöhnlichen bieten. Hintergrund ist unter anderem, dass diese Luxusprodukte für die Konsumenten eine besondere Produktqualität versprechen und somit auch aufwendige Marketingmaßnahmen sowie eine herausgehobene Produktplatzierung fordern, dem der Händler Rechnung tragen muss.
Anhand dieser Kriterien im Markenrecht untersuchte und stellte das Gericht fest, dass eine mögliche Rufschädigung gemäß Artikel 15 Abs. 2 UMV vorläge. Insbesondere verweist das Gericht auf das konkret geschaffene Verkaufsumfeld des Online-Händlers, welches dem Prestige- und Luxuscharakter der Luxusmarken nicht gerecht wurde, da keine „visuelle Abtrennung“ zum sonstigen Sortiment stattfand.
Es entstünde der Gesamteindruck, dass die Luxusparfüms der Luxusmarken, die in der Kategorie „Körperpflege und Gesundheit“ zu finden waren, mit anderen Produkten als „überall verfügbare Massenware“ gleichgestellt würden. Das Gericht unterstreicht hierbei, dass auch bei Online-Händlern ein besonderes Kauferlebnis für Konsumenten hergestellt werden könne und insbesondere das Angebot von Produkten von Luxusmarken ein ästhetisch ansprechendes und luxuriöses Design erfordere.
Somit konkretisierte das OLG die Rechtsprechung im Hinblick darauf, dass online-Händler auf eine angemessene Präsentation der angebotenen Luxusprodukte zu achten haben und Konsumenten einer Kauferfahrung mit „Luxus-Aura“ nicht entziehen dürfen. Andernfalls besteht die Möglichkeit der Rufschädigung, denn die Entwertung des sorgfältig gepflegten Markenimages steht im Raum.
Resumé
Luxusmarken, die sich auf dem Markt selektiver Vertriebssysteme bedienen und ihr exklusives Image und ihre Strahlkraft pflegen wollen, sollten sich mithilfe des Markenrechts gegen unangemessene und rufschädigende Präsentation wehren. Die Urteile des OLG stellen konkrete Grundsätze auf, wann sich gegen eine unpassende Präsentation, die das sorgfältig kuratierte Image und den Ruf einer Luxusmarke beeinträchtigt, vorgegangen werden kann.
dtb-Rechtsanwalt und Experte im Markenrecht Leon van Lee hierzu: „Die Essenz des Markenrechts besteht darin, die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit einer Luxusmarke sowie ihre Strahlkraft zu schützen. Es muss die Produktplatzierung auf dem Markt und der Vertrieb der Produkte dem Markenimage Rechnung tragen. Letztlich muss eine Marke authentisch bleiben und daher gilt es auch, sich gegen unangemessene Präsentation auf dem Markt zu wehren."
Stand 04.04.2025