23.07.2025

Gestaltung und Vorteile von Corporate Cultural Responsibility

Unternehmen können in unterschiedlichen Bereichen philanthropischen Bestrebungen nachgehen und soziale Verantwortung übernehmen (Corporate Social Responsibility; CSR). Durch freiwillige Tätigkeiten und Initiativen können sie sich Zwecken der Gemeinnützigkeit verschreiben und gleichzeitig von wirtschaftlichen Vorteilen profitieren. 

Ein wachsender und bedeutsamer Bereich stellt die Übernahme von kultureller Verantwortung (Corporate Cultural Responsibility, CCR) durch Unternehmen dar. 

Kulturelle Verantwortung als Bestandteil von CSR

CSR ist in den meisten Unternehmen ein Teil des unternehmerischen Selbstverständnisses geworden. Indem sie freiwillig nachhaltige und soziale Ziele der Gemeinnützigkeit verfolgen übernehmen sie soziale Verantwortung.

Dies tun sie mithilfe von philanthropischen, aber auch wirtschaftlich sinnvollen Aktivitäten, die zu ökologisch oder sozial nachhaltigen Entwicklungen am Standort, in der Gesellschaft und im Unternehmen selbst beitragen (Mehr zu Social Entrepreneurhship).

Ein Bestandteil von CSR stellt die Übernahme von kultureller Verantwortung durch Unternehmen dar (CCR). Sie kann unterschiedlich gestaltet sein und verschiedene Vorteile für Unternehmen mit sich bringen, wobei die Gemeinnützigkeit stets im Fokus steht.

Kunst und die Übernahme von kultureller Verantwortung in der Gesellschaft

Die Übernahme von kultureller Verantwortung stellt sich deshalb als eine Bestrebung der Gemeinnützigkeit dar, weil Kunst in der Gesellschaft eine besondere Stellung einnimmt. Sie erschöpft sich nicht in ihrem ästhetischen Wert, sondern hat vielschichtige Bedeutungen.

Kunst vermag es durch die Überwindung von (Sprach-)Barrieren, unterschiedliche Kulturen und Menschen zu verbinden und Dialoge zu schaffen.

Sie kann innerhalb einer Gemeinschaft als Katalysator wirken, um auf unterschiedliche Themenfelder und Herausforderungen hinzuweisen, Diskurse zu erwirken und auf soziale Fragestellungen zu reagieren. Mit einer Auseinandersetzung mit Kunst geht eine soziale Auseinandersetzung zwischen Menschen und das Hervorrufen von unterschiedlichen Emotionen einher.

Wenn Unternehmen es sich aufgrund von Bestrebungen der Gemeinnützigkeit zur Aufgabe machen, kulturelle Verantwortung zu übernehmen, sollten sie sich beim Aufbau von CCR-Tätigkeiten stets dieser vielschichtigen Bedeutungen bewusst sein. Ihr juristische Begleitung sollte diese Sensibilität auch aufweisen.

Historie der Übernahme von kultureller Verantwortung und Gemeinnützigkeit

Die Übernahme von kultureller Verantwortung zu Zwecken der Gemeinnützigkeit stellt kein neues Phänomen dar. Bereits in der Antike wurden mit dem frühen Mäzenatentum Künstler und Kunstprojekte durch wohlhabende Personen finanziell unterstützt.

Der Begriff Mäzen geht auf den römischen Adligen Gaius Maecenas, als ersten freiwilligen Unterstützer der Kunst, zurück.

In der Renaissance begannen auch vermögende Bürger wie die Medici-Familie Künstler wie Michelangelo und Leonardo Da Vinci finanziell zu unterstützen und so einen maßgeblichen Beitrag zur Kulturförderung zu leisten.

Das 19. Jahrhundert leitete eine neue Ära des Mäzenatentums ein, denn erstmals begannen Unternehmer und Industrielle aufgrund von Zwecken der Gemeinnützigkeit, in Kunst zu investieren. Hierunter auch der Industrielle und bekannte Philanthrop Andrew Carnegie, der unter anderem die Errichtung von Museen, Konzertsälen und Bibliotheken finanziell unterstützte.

Der Begriff CCR kam erstmals im Jahr 2002 als Teil von CSR-Tätigkeiten auf. Unternehmen erkannten, dass in global agierenden Märkten und in Zeiten von mangelnden staatlichen Geldern eine freiwillige Kunst- und Kulturförderung unerlässlich ist.

Gestaltungsmöglichkeiten von der Übernahme kultureller Verantwortung 

Tätigkeiten zur Übernahme von kultureller Verantwortung mit Fokus auf die Gemeinnützigkeit können unterschiedlich gestaltet sein.

Das klassische Mäzenatentum und Kunst- und Kultursponsoring wird durch die Bereitstellung von Sachmitteln, Dienstleistungen oder dem Netzwerk von Unternehmen ergänzt. Auch können Unternehmen selbst aktiv tätig werden, um kulturelle Zwecke der Gemeinnützigkeit zu fördern.

Konkrete Tätigkeiten umfassen die Organisation eigener Veranstaltungen oder Projekte, welche den kulturellen und sozialen Austausch fördern, die finanzielle und sonstige Unterstützung von Künstlern und die Bereitstellung von Kunst für die Öffentlichkeit. 

Auch bietet es sich an, sowohl interne als auch externe Workshops und Schulungen zu organisieren und so das Bewusstsein für die Hintergründe des künstlerischen Schaffens zu stärken. Indem Unternehmen sich um Kooperationen bemühen und selbst Konzepte entwickeln, die eigene Mitarbeiter, Produkte oder Kunden einbinden, wird eine authentische und langlebige Kulturförderung im Unternehmen geschaffen.

Insbesondere können Unternehmen mit lokalen Künstlern oder Kunstinstitutionen zusammenarbeiten und diesen so eine Plattform bieten. Auch ist dies eine Möglichkeit, die Gesellschaft auf lokale Herausforderungen hinzuweisen und auf deren Lösung hinzuarbeiten.

Der Aufbau eigener Kunstsammlungen gehört zu einem bedeutenden Instrument bei der Übernahme von kultureller Verantwortung. Hierbei können Unternehmen die Kunst direkt von Künstlern, Galerien oder Messen erwerben oder spezifische Kunstwerke in Auftrag geben, welche in ihre bestehende Sammlung passen (Corporate Collecting).

Für die Umsetzung von CCR-Aktivitäten stehen im Stiftungsrecht unterschiedliche rechtliche Gestaltungsformen zur Verfügung (vgl. §§80ff. Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Indem ein Unternehmen seine Kunstsammlungen oder andere Vermögensgegenstände wie Immobilien auf eine gemeinnützige Kunststiftung überträgt, kann es die Kunst für nachfolgende Generationen erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich machen.

Beispiele für Unternehmen mit CCR-Aktivitäten  

Die Deutsche Bank AG ist ein Beispiel für das Spektrum an möglichen Ausgestaltungen von CCR. Sie ermöglicht Kunden, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit den Zugang zu zeitgenössischer Kunst und sie verfügt über eine gemeinnützige Stiftung. 

Ihre Tätigkeiten beinhalten das Kaufen von Kunstwerken für Arbeitsplätze und (internationale) Ausstellungen und das gezielte Errichten von Partnerschaften mit Museen oder Kunstmessen. Darüber hinaus wurden ein Kunstmagazin („ArtMag“) und die Auszeichnung „Artist of the Year“ ins Leben gerufen.

Friedhelm Hütte, ehemaliger Leiter der Kunstabteilung der Deutschen Bank,  erklärte im Jahre 2016: „Die Deutsche Bank hat schon vor über 30 Jahren angefangen, Kunst zur Ausstattung ihrer Büro- und Filialräume zu erwerben. […] Wir wollen die Auseinandersetzung mit der Kunst fördern, sie unseren Mitarbeitern, Kunden und Besuchern zugänglich machen und so einen Dialog mit Künstlern und ihren Werken schaffen [...].“

Auch der deutsche Schokoladenhersteller Alfred Ritter GmbH & Co. KG fördert seit über 30 Jahren Kunst und Kultur und kauft Kunstwerke, um diese im eigenen Kunstmuseum zu zeigen. „Als Unternehmer ist man gehalten, sich für die Gesellschaft zu engagieren, vor allem für das örtliche Umfeld“, so die Gesellschafterin Marli Hoppe-Ritter.

Auch die Mercedes-Benz Art Collection, die Sammlung Hoffmann des Textilunternehmers van Laack, die UniCredit Art Collection, die Aktivitäten der Sparkasse-Finanzgruppe und die Allianz Kulturstiftung sind nennenswerte Vorreiter der Übernahme von kultureller Verantwortung. Sie verfügen über Sammlungen, fördern Kulturprojekte und Initiativen, rufen Kollaborationen mit Museen und Künstlern ins Leben und ermöglichen der Öffentlichkeit den Zugang zu Kunst.

Welche wirtschaftliche Vorteile ergeben sich aus der Übernahme kultureller Verantwortung?

Wenn Unternehmen mit philanthropischen Bestrebungen kulturelle Verantwortung übernehmen und Zwecke der Gemeinnützigkeit anstreben, hat dies nicht nur positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und den kulturellen Sektor. Auch können Unternehmen selbst von diesen Tätigkeiten der Gemeinnützigkeit profitieren und wirtschaftliche Vorteile erzielen.

Wettbewerbsvorteile

Einerseits erzielen Unternehmen, die kulturelle Verantwortungen übernehmen, Vorteile auf dem Markt gegenüber solchen, die keine ähnlichen Maßnahmen ergreifen. 

Für die Kundschaft sind Unternehmen interessanter, die beispielsweise kulturelle Veranstaltungen ins Leben rufen oder lokale Künstler fördern oder mit diesen kooperieren. Ein Engagement für Kunst demonstriert dem Kundenkreis, dass ein Unternehmen sich seiner kulturellen und sozialen Verantwortung bewusst ist. So werden die Authentizität und das Vertrauen in das Unternehmen gesteigert.

Anhand der historischen Entwicklung von philanthropischen Bestrebungen im kulturellen Bereich hat sich gezeigt, dass gutes Wirtschaften eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Herausforderungen beinhaltet. Dieses wird durch Kunst als Katalysator möglich gemacht.

Unternehmen, die Kunst als neuen Kommunikationsweg entdecken, können sich gegenüber solchen Unternehmen abgrenzen, die sich auf dem Markt flüchtiger und traditioneller Kommunikationsformen bedienen. Mit Aktivitäten zur Kunst- und Kulturförderung kann eine außergewöhnliche und innovative Positionierung auf dem Markt erreicht werden, die Gemeinnützigkeit und gleichwohl Privatnützigkeit in den Fokus stellt.

Unternehmensinterne Vorteile

Darüber hinaus bietet die Übernahme von kultureller Verantwortung unternehmensinterne Vorteile.

Kunst am Arbeitsplatz motiviert und inspiriert Mitarbeiter und fördert das Engagement und den Teamgeist, denn sie schafft ein angenehmeres Arbeitsumfeld.

In einer Studie des Meinungsforschungsinstituts OnePoll, bei der Berufstätige zur Bedeutung von Kunst in der Arbeitswelt befragt wurden, hat sich eine klare Mehrheit für Kunst am Arbeitsplatz ausgesprochen. Diese habe positive Auswirkungen auf den Teamgeist und die Produktivität.

Stimmt eine Kunstsammlung mit dem Selbstverständnis des Unternehmens (Corporate Identity) überein und wird sie stetig angepasst, so wirkt dies auf eine Unternehmenskultur hin, die Mitarbeitern die Identifizierung mit dem Unternehmen und deren Werten besonders ermöglicht (Employer Branding).

Darüber hinaus kann Kunst als langfristige Vermögensanlage dienen, wenn beispielsweise in die Werke eines aufstrebenden oder lokalen Künstlers investiert wird. Diese Werke können an Wert gewinnen und so eine sinnvolle finanzielle, aber auch kulturelle Investition darstellen.

Wenn Kunstwerke im Betrieb genutzt werden und in Büroräumen, im Eingangsbereich oder Seminarraum gezeigt werden, können Unternehmen unter Umständen von steuerlichen Privilegien profitieren. Die Anschaffungskosten von „Gebrauchskunst“ im Wert von unter 5.000€ können sofort oder im Laufe von 15 Jahren abgeschrieben werden (vgl. BFH v. 23.4.1965, VI 327/64 U).

Darüber hinaus können Kunststiftungen, welche Zwecke der Gemeinnützigkeit verfolgen, von Steuervorteilen profitieren, öffentliche Zuschüsse erlangen sowie Geld- und Sachspenden empfangen. Mithilfe der Ersparnisse kann wiederum in CCR-Aktivitäten investiert werden.

Standortvorteile

Indem Unternehmen kulturelle Verantwortung übernehmen und dabei die Gemeinnützigkeit in den Mittelpunkt stellen, tragen sie aktiv zur Pflege und Stärkung ihres Standorts bei. 

Mit der Bereitstellung von Kunst für die Öffentlichkeit und der Organisation von Kunstveranstaltungen können sie zu einer nachhaltigen Verbindung von Unternehmen und der lokalen Gemeinschaft beitragen. Denn sie schaffen unverzichtbare Orte für die Setzung von neuen Impulsen und für gesellschaftliches Engagement.

Insbesondere indem Unternehmen lokale Künstler unterstützen, Bildungschancen eröffnen und Kunst am Standort zugänglich machen, tragen sie zur lokalen Kultur bei. So auch Hütte: „Wir haben 600 Werke aus unserer Sammlung dem Städel hier in Frankfurt als Dauerleihgaben gegeben, weil wir uns der Stadt Frankfurt verpflichtet fühlen und auch dazu beitragen wollen, sie attraktiv zu halten.“

Durch die Stärkung ihres Standortes verwurzeln sich Unternehmen dort und erhöhen so ihre Resilienz gegenüber Veränderungen am Markt. Denn je mehr sie zur Gemeinnützigkeit beitragen, desto stärker ist ihr Standort an sie gebunden.

Résumé

Unternehmen können durch die Übernahme kultureller Verantwortung Zwecke der Gemeinnützigkeit fördern und wirtschaftliche Vorteile erzielen. Durch unterschiedliche CCR-Tätigkeiten können Unternehmen ihre Marktposition festigen, den Zusammenhalt im Team stärken und eine feste Verwurzelung mit dem Standort aufbauen.

„Indem Unternehmen kulturelle Verantwortung übernehmen und Kunst und Kultur fördern, investieren sie gleichzeitig in die Zukunftsfähigkeit und die Identität ihres Unternehmens.“ So dtb-Rechtsanwalt und Experte für Gemeinnützigkeit und Stiftungsrecht Bertold Schmidt-Thomé.

Stand 23.07.2025