16.07.2025

EuG-Urteil: Ferrari Testarossa

Im Urteil vom 2. Juli 2025 entschied das Europäische Gericht (EuG) im Streit um das Markenrecht an Ferraris Unionsmarke Testarossa zugunsten der Luxusmarke Ferrari (T-1103/23).

Im Vorfeld versuchte der Spielwarenhersteller Kurt Hesse, sich das Markenrecht an der Unionsmarke Testarossa für bestimmte Produkte zu sichern. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) entschied, dass Ferrari diese nicht „ernsthaft benutzt“ und so das Markenrecht verloren hätte. Hiergegen ging Ferrari nun erfolgreich vor dem EuG vor.

Prozessverlauf 

Seit 2007 ist Ferrari Inhaber der Unionswortmarke Testarossa (damals Testa Rossa). Ferrari hatte die Marke unter anderem für Waren wie Automobile, Ersatzteile und Zubehör sowie Modellfahrzeuge eintragen lassen. 

Spielzeughersteller Kurt Hesse versuchte im Jahr 2017, die Löschung der Marke beim EUIPO mithilfe von zwei Anträgen zu bewirken, da keine „ernsthafte Benutzung“ im Markenrecht durch Ferrari vorläge (Art. 18 Unionsmarkenverordnung; UMV, §26 Abs. 1 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen; MarkenG).

Das EUIPO gab den Anträgen statt und löschte die Unionsmarke aus dem Register mit Blick auf alle eingetragenen Waren. Es ging davon aus, dass die Unionsmarke für die eingetragenen Waren von 2010 bis 2015 von Ferrari nicht „ernsthaft benutzt“ wurde.

Im Streit um das Markenrecht ging Ferrari erfolgreich gegen die Entscheidung des EUIPO im Wege der Nichtigkeitsklage vor dem EuG vor (vgl. Art. 263 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union; AEUV i. V. m. Art. 72 UMV).

Was macht den Ferrari Testarossa zu einem Luxusfahrzeug?

Der erste Sportwagen der Reihe Testarossa der italienischen Luxusmarke und des Herstellers von Sportwagen und Formel-1-Fahrzeugen Ferrari war der Ferrari 500 TR. Er wurde anlässlich der Sportwagen-Weltmeisterschaft von 1956 gebaut und war im Gegensatz zu den drei Hauptvarianten des Testarossa ein reiner Rennsportwagen.

Der Name Testarossa geht auf die charakteristisch rot lackierten Zylinderköpfe im Motor zurück. Wörtlich bedeutet Testa Rossa im Italienischen „roter Kopf“ , was ein Hinweis auf diese Lackierung der legendären Sportwagen der Luxusmarke ist.

Seine Hochphase hatte das keilförmige Modell Testarossa der Luxusmarke Ferrari in den Achtzigerjahren. „Mit der niedrigen Nase, den extravaganten ‚Streben‘ an den Seiten und den breiten Hüften traf Ferraris Designpartner Pininfarina nicht nur den Zeitgeist – er brachte ihn voran. Der neue Wagen – mit einer verkürzten Version eines berühmten alten Namens – wurde im Vorfeld des Pariser Autosalons von 1984 im Varietétheater Lido an der Avenue des Champs-Élysées zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Dieses Auto war wie für das Showbusiness gemacht.“ So der Motorjournalist Jason Barlow.

Mit seinen „fast cartoonhaften Formen“ eroberte das Automobil die Popkultur der Achtzigerjahre und erlangte große Bekanntheit. So wurde er in der US-Serie „Miami Vice“ weiß lackiert zur Schau gestellt und fungierte als prominenter Dienstwagen der Polizei. 

Auch Hollywoodstars wie der französische Schauspieler Alain Delon und der weltberühmte britische Musiker Elton John besaßen das Auto der Luxusmarke Ferrari. Elton John betrachtet die Testarossa-Modelle als „echte Oldtimer“ und „liebt ihr Design, ihre Form und ihren Stil“.

Wie schützt das Markenrecht exklusive Fahrzeuge?

Das Markenrecht ermöglicht es Marken und Luxusmarken wie Ferrari, den Wiedererkennungswert und den einzigartigen und unverwechselbaren qualitativen Standard ihrer Produkte auf dem Markt zu statuieren und aufrechtzuerhalten (So auch das EuG im Markenrechtsstreit um "NERO" Champagne).

Das Markenrecht fungiert als gewerbliches Schutzrecht des geistigen Eigentums und schützt Bezeichnungen für Waren oder Dienstleistungen im gewerblichen Verkehr (vgl. §3 Abs. 1 MarkenG).

Indem das Markenrecht gemäß §§14ff., 4 MarkenG nur dem eingetragenen Markeninhaber das Recht gewährt, ein bestimmtes oder ähnliche Zeichen zu verwenden, schützt das Markenrecht dieses Zeichen.

Mithilfe des Markenrechts werden Konsumenten von Luxusmarken vor einer Verwechslung mit ähnlichen Produkten geschützt. Das Markenrecht stellt so sicher, dass Käufer von Luxusmarken die Produkte mit ihrem qualitativen Standard und dem dahinterstehenden Unternehmen erkennen können (sogenannte Herkunftsfunktion). 

Unionsmarken 

Das Markenrecht ist in der Europäischen Union (EU) weitgehend und insbesondere im Wege der UMV harmonisiert. Die nationalen Regelungen bleiben daneben im MarkenG bestehen.

Das Markenrecht der EU entsteht mit einem einzigen Eintragungsverfahren, das Inhabern ausschließliche Rechte an ihrer Marke in den 27 Mitgliedstaaten gewährt (Unionsmarke). Sobald eine Unionsmarke in das Register der Unionsmarken eingetragen ist, ist sie für zehn Jahre gültig und kann nach Ablauf beliebig oft um weitere zehn Jahre verlängert werden (vgl. Art. 52f. UMV).

Die zuständige Behörde für das Markenrecht der EU ist das EUIPO. Es ist direkt verantwortlich für die Anmeldung und die Verwaltung aller Unionsmarken. Die Entscheidungen des EUIPO können, nach erfolgloser Beschwerde, bei dem EuG angefochten werden.

Benutzungspflicht im Markenrecht

Für den Schutz einer eingetragenen Unionsmarke sieht das Markenrecht der EU eine Benutzungspflicht vor (Art. 18, 58 Abs. 1 (a) UMV, vgl. auch §26 Abs. 1 MarkenG). Hiernach muss der Inhaber der Unionsmarke im Markenrecht den Beweis erbringen, dass er die Marke für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen „ernsthaft benutzt“.

Die Benutzungspflicht stellt sicher, dass der Markenschutz erhalten bleibt. Wichtig ist, dass die Regelung die Herkunftsfunktion im Markenrecht sichert. Nur wenn die Marke im Verkehr benutzt wird, kann die Herkunftsfunktion ihre Wirkung entfalten. 

Nur eine Marke, die konsequent und „ernsthaft“ benutzt wird, kann eine starke Position auf dem Markt und im Geschäftsverkehr erzielen und aufrechterhalten. Sobald beispielsweise eine Luxusmarke im Verkehr „brachliegt“, verliert sie ihren Wiedererkennungswert und somit langfristig ihren wirtschaftlichen Wert.

Weiter soll vermieden werden, dass neuen Marktteilnehmern der Marktzugang verwehrt wird, indem sich die Marke „auf Vorrat“ gesichert und nicht benutzt wird.

Konkret setzt die Benutzungspflicht im Markenrecht voraus, dass die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, ernsthaft benutzt wird. Ist dieses nicht der Fall, kann sie auf Antrag bei dem und von dem EUIPO für verfallen erklärt werden, soweit keine „berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen“ (Art. 58 Abs. 1 (a) UMV).

Eine „ernsthafte Benutzung“ liegt vor, wenn die Marke für genau die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, mit dem Ziel, für diese Produkte einen öffentlichen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (I ZR 156/10 - Orion). Sie muss in ihrer Funktion die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen und darf nicht rein zum Schein verwendet werden.

Die Benutzungspflicht nach einer Schonfrist von fünf Jahren nach Eintragung der Unionsmarke (Art. 18 UMV). Diese Frist ermöglicht es beispielsweise Luxusmarken, eine Markenstrategie zu entwickeln und die Einführung der Marke auf den Markt vorzubereiten, während die Marke bereits im Markenrecht gesichert ist.   

Worum ging es im Markenrechtsstreit um Ferraris Testarossa konkret?

Im Zentrum des Urteils um das Markenrecht stand die Frage, ob Ferrari die Unionsmarke Testarossa für fünf Jahre, zwischen 2010 und 2015, „ernsthaft benutzt“ hatte (Art. 18 UMV).

Relevant wurde, dass die Luxusmarke Ferrari die Testarossa-Modelle nur zwölf Jahre lang, zwischen 1984 und 1996, gebaut und die Produktion danach eingestellt hatte. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Gebrauchtwagen sowie Ersatzteile und Zubehör durch Dritte, autorisierte Händler oder Vertragshändler vertrieben. 

Die Luxusmarke wies nach, Händler dazu autorisiert zu haben, Second-Hand-Modelle und Ersatzteile sowie Zubehör der Testarossa-Reihe in mehreren EU-Mitgliedsstaaten zu vertreiben. Auch wies sie nach, gegen Entgelt die Echtheit der Testarossa-Modelle zu zertifizieren.

Wie entschied das Gericht im Markenrechtsstreit um Ferraris Testarossa?

Das EuG hatte sich somit besonders mit der Frage zu befassen, ob auch ein Wiederverkauf von Gebrauchtwagen und von deren Ersatzteilen sowie Zubehör eine „ernsthafte Benutzung“ im Markenrecht darstellen kann (Art. 18 UMV).

Es bejahte diese Frage und stellte fest, dass eine rechtserhaltende Markenbenutzung in einem solchen Fall vorliegen könne. Voraussetzung sei jedoch, dass der Wiederverkauf mit (stillschweigender) Zustimmung des Inhabers des Markenrechts erfolgt

Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass beim Wiederverkauf von Gebrauchtwaren die Herkunftsfunktion im Markenrecht gewahrt bleiben könne. Dieses ergebe sich unter anderem aus der Auslegung von Art. 13 (1) der Verordnung Nr. 209/2007 über die Gemeinschaftsmarke, wonach der Inhaber „Dritten die Benutzung einer Marke“, welche bereits in den Verkehr gebracht wurde, „nicht verbieten kann“ (Weitere Urteile zur markenrechtlichen Herkunftsfunktion: Hermés-Tücher; Cartiers LOVE-Kollektion).

Der Umstand, dass die Luxusmarke die Automobile der Reihe Testarossa nicht mehr produziert und bloß über Dritte autorisierte Händler oder Vertragshändler vertreibt, stünde somit einer „ernsthaften Benutzung“ nicht entgegen. 

Bei der Beurteilung, ob eine stillschweigende Zustimmung durch die Luxusmarke Ferrari vorlag, orientierte sich das EuG an den „Gepflogenheiten und Merkmalen speziell des Automobilmarktes“. 

Es stellt zunächst fest, dass der Verkauf von Gebrauchtwagen durch „unabhängige Dritte grundsätzlich vom Verkauf durch einen autorisierten Händler oder Vertriebshändler“ zu unterscheiden ist. Es läge in dem Umstand, dass die Gebrauchtwagen des Modells Testarossa von autorisierten Händlern oder Vertragshändlern vertrieben wurden und nicht von einem unabhängigen Dritten, ein Indiz für die nötige Zustimmung durch Ferrari. 

Darüber hinaus sei durch die Einrichtung von Zertifizierungsdiensten eine stillschweigende Zustimmung der Luxusmarke zum Wiederverkauf von gebrauchten Testarossa-Modellen sowie von Ersatzteilen und Zubehör zu sehen. Indem die Luxusmarke den autorisierten Händlern oder den Vertragshändlern die Echtheit zertifiziere, stelle sie eine Verbindung „zwischen diesen beiden Gesellschaftern“ her.

Durch die Zertifizierung der Echtheit sei auch die Herkunftsfunktion im Markenrecht gewahrt. Denn die Marke Testarossa sei eng mit dem Fahrzeug selbst verknüpft und verfüge über einen besonderen Wert am Markt, insbesondere mit Blick auf den exklusiven Charakter der Luxusmarke.

Nicht zuletzt sei Ferrari durch die Bescheinigung der Echtheit am Wiederverkauf unmittelbar beteiligt gewesen, um Kunden die Möglichkeit zu geben, einen Ferrari Testarossa auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu erstehen.

Mit Blick auf die Ersatzteile und das Zubehör entschied das Gericht ähnlich. Die angebotene Dienstleistung einer Echtheitsbescheinigung „umfasse eine Überprüfung der betrieblichen Herkunft der Teile, aus denen die Testarossa-Modelle zusammengesetzt sind“. Somit sei insbesondere der Herkunftsfunktion genügend Rechnung getragen.  

Somit entschied das Gericht, dass eine stillschweigende Zustimmung zum Wiederverkauf vorlag, welche eine rechtserhaltende Markenbenutzung der Automobile und Ersatzteile sowie des Zubehörs bedeute. Das Urteil ist im Juli 2025 noch nicht rechtskräftig. 

Résumé

Das EuG konkretisiert die Anforderungen an die „ernsthafte Benutzung“ im Markenrecht im Kontext des Gebrauchtwagenhandels mit Luxusautomobilen. Es stellt klar, dass der Wiederverkauf durch autorisierte Händler eine rechtserhaltende Markenbenutzung darstellen kann.

„Die Aura und Wertigkeit einer ikonischen Marke kann für die Ewigkeit Bestand haben.“ So dtb-Rechtsanwalt und Experte für Kunstrecht, Luxusmarken und Markenrecht Leon van Lee. „Um sicherzustellen, dass Marken auch nach Herstellungsstopp ihrer Produkte als Asset genutzt werden können, sollte die rechtserhaltende Benutzung geprüft werden.“

Stand 16.07.2025