19.06.2025

LG-Urteil: Markenrechtsstreit Adidas und Thom Browne

Im Urteil vom 6. September 2024 entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG Nürnberg-Fürth) im Rechtsstreit um das Markenrecht zwischen der Luxusmarke Thom Browne und dem Sportartikelhersteller Adidas zu Gunsten von Thom Browne (Az. 4 HK O 8208/21).

Im Vorfeld hatte die Luxusmarke eine Jacke in ihre Kollektion aufgenommen, welche über vier Querstreifen in Ringform am Oberarm verfügte. Adidas sah hierin unter anderem eine Verwechslungsgefahr mit seinen markenrechtlich geschützten drei Streifen und ging erfolglos aus dem Markenrecht vor.

Prozessverlauf

Konkret wendete sich Adidas gegen den Vertrieb und die Gestaltung der Jacke unter anderem mithilfe eines Unterlassungsanspruch aus dem Markenrecht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2, Abs. 5 und § 14 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3, Abs. 5 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen, MarkenG.

Das LG Nürnberg-Fürth hob das vorangegangene Teil-Versämnisurteil vom 17. Mai 2022 und das Schluss-Versäumnisurteil vom 23. August 2022 im Rechtsstreit um das Markenrecht auf und wies die Klage ab. 

Es verneinte die Ansprüche aus dem Markenrecht. Das Urteil ist zum heutigen Datum (19. Juni 2025) noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung somit noch möglich. 

Das Markenrecht 

Viele Unternehmen melden Marken an und bedienen sich der Wettbewerbsvorteile, die das Markenrecht als gewerbliches Schutzrecht des geistigen Eigentums bereithält. Der Inhaber vom Markenrecht kann gemäß §§14ff., 4 MarkenG gegen Dritte vorgehen, welche ein eingetragenes oder ähnliches Zeichen verwenden und somit das Markenrecht verletzen.

Der Markenschutz entsteht im Markenrecht gemäß §4 MarkenG durch die Eintragung einer angemeldeten Marke in das Register (Nummer 1), durch die intensive Nutzung eines Zeichens im Geschäftsverkehr (Nummer 2) oder durch eine hohe allgemeine Bekanntheit (Nummer 3). Schutzfähig im Markenrecht sind beispielsweise einzelne Worte, Wortkombinationen, Wort-/Bildkombinationen, reine Abbildungen oder abstrakte Farben.

Funktionen vom Markenrecht

Eine wichtige Funktion vom Markenrecht ist der Schutz der Konsumenten vor einer Verwechselung mit anderen, ähnlich erscheinenden Produkten. So stellt das Markenrecht unter anderem sicher, dass Dritte die Herkunft des Produktes erkennen können (sogenannte Herkunftsfunktion).

Denn das Markenrecht kann Käufern die Identifizierung beispielsweise von Luxusmarken ermöglichen, da es die Produkte konkret dem dahinterstehenden Unternehmen zuordnet. Es kann durch das Markenrecht eine Assoziation mit einem bestimmten qualitativen Standard, Design oder ähnlichen Kriterien und Wiedererkennungsfaktoren hergestellt werden.

So auch der Europäische Gerichtshof, welcher in seiner Entscheidung Arsenal Football Club Plc/Matthew Reed aus dem Jahr 2002 (C-206/01) die Bedeutung der Herkunftsfunktion im Markenrecht unterstreicht: „Insoweit besteht die Hauptfunktion der Marke darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, […] indem sie ihm ermöglicht, diese […] ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden.“

Hiermit geht die sogenannte Vertrauens- oder Garantiefunktion im Markenrecht einher. Das Markenrecht erzeugt eine Verbindung zwischen Erfahrungen, die mit einer Marke in der Vergangenheit gemacht wurden und einem gewissen Qualitätsniveau. So wird Vertrauen oder eine Garantie dahingehend aufgebaut, dass ein anderes Produkt derselben Marke dasselbe Niveau aufweisen wird. 

Darüber hinaus beinhaltet das Markenrecht die Informationsfunktion. In dieser Funktion wirkt die Marke als Kommunikationskanal und ermöglicht es Kunden unterschiedlicher Verkehrskreise, anhand der Ausgestaltung der Marke wie durch das Branding zu erkennen, ob es sich beispielsweise um eine Luxusmarke handelt. 

Worum ging es im Rechtsstreit konkret?

Adidas machte im Rechtsstreit geltend, dass die Gestaltung der Jacke eine Verletzung seines Markenrechts darstelle. Der Markenschutz beruhe auf der Verkehrsgeltung und der Bekanntheit der drei-Streifen (gemäß §4 Nummer 2, 3 MarkenG).

Seine Klage um das Markenrecht stützte Adidas auf den Bekanntheitsschutz (§14 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 MarkenG) und im Wesentlichen auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr (§14 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 MarkenG).

Verwechslungsgefahr im Markenrecht

Die Norm §14 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 MarkenG schützt den Markeninhaber vor Verwechslung. Es ist es Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers hiernach untersagt, „ein Zeichen zu benutzen, wenn es mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich […] ist und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“. 

Für das Vorliegen einer solchen Verwechslungsgefahr muss das Zeichen rechtsverletzend durch den Dritten „markenmäßig“ verwendet werden. Es muss von dem entsprechenden Verkehrskreis in seiner Herkunftsfunktion im Markenrecht wahrgenommen werden.

Hierfür kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob die „wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren […] zu garantieren“ durch die Verwendung des Dritten beeinträchtigt ist.

Adidas machte geltend, dass die drei gleich großen und breiten, parallellaufenden Streifen, die sich horizontal um den Ärmel eines Kleidungsstückes winden als Positionsmarke eine hohe Kennzeichnungskraft aufweisen. Denn genau diese Gestaltung sei charakteristisch für Adidas und damit ein eindeutiges Herkunftszeichen mit Blick auf die Warenidentität im Markenrecht (vgl. § 4 MarkenG Nummer 2 und 3 MarkenG).

Indem die Luxusmarke ihre Jacke mit vier Streifen am Oberarm gestaltete, sei der „notwendigen Abstand“ zur eigenen Positionsmarke nicht eingehalten. Es sei eine so hohe Zeichenähnlichkeit gegeben, dass eine „markenmäßige“ Verwendung und somit eine Verwechslungsgefahr vorläge.

Wie entschied das Gericht?

Das LG Nürnberg-Fürth sah in der Verwendung der vier Streifen durch die Luxusmarke Thom Browne keine „markenmäßige“ Verwendung im Markenrecht. Maßgeblich sei, ob „ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs die angegriffene Gestaltung als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehe oder lediglich als verzierendes Gestaltungselement wahrnehme.“

Das Gericht führte aus, dass es hierfür allein darauf ankommt, ob ein wesentlicher Teil des Verkehrs das Zeichen als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller verstehe. Es sei auf den Maßstab eines durchschnittlichen Angehörigen des entsprechenden Verkehrskreises abzustellen.

Entscheidend konkretisiert das Gericht die Beurteilung des „entsprechenden“ Verkehrskreises. Es stellt vorliegend konkret auf Käufer von Luxusartikeln von Luxusmarken, wie Thom Browne, ab. Und es betont, dass es sich bei Konsumenten von hochpreisigen Luxusartikeln um einen besonders informierten, aufmerksamen und markenbewussten Verkehrskreis handele.

Dieser Verkehrskreis könne bereits aufgrund der visuellen Gestaltung hinreichend klar erkennen, dass es sich bei den vier Streifen der Luxusmarke Thom Browne nicht um die drei Streifen von Adidas handele. Es ergebe sich bei der Betrachtung und dem Vergleich der Zeichen ein unterschiedlicher Gesamteindruck aus Sicht von Luxusmarken-Käufern.

Insbesondere erkenne dieser konkretisierte Verkehrskreis, dass es sich bei den vier Streifen um reine Design-Elemente handele. Auch erkenne er, dass die reine Design-Entscheidung gerade nicht als Hinweis auf die Herkunft der Marke im Markenrecht diene.

Zusätzlich führt das Gericht aus, dass die Luxusmarke Thom Browne seine Produkte klar durch ein eigenes Branding kennzeichnet und somit eine Abgrenzung zu anderen Marken für seine Luxusmarken-Käufer herstelle. Sowohl auf den Produktetiketten, als auch auf Darstellungen der Website und durch sonstiges Branding der Luxusmarke sei eine klare eigene Kennzeichnung  „als Thom Browne“ erkennbar.

Das Gericht schließt somit eine Verwechslungsgefahr im Markenrecht aus.

Bekanntheitsschutz im Markenrecht

Adidas stützte sich darüber hinaus auf den Bekanntheitsschutz, da die drei Streifen in der Öffentlichkeit über eine besonderen Bekanntheit verfügen würden (§14 Abs. 2 Nummer 3 MarkenG). 

Der Bekanntheitsschutz gewährleistet im Markenrecht die Wertschätzung und Unterscheidungskraft von bestimmten Marken, beispielsweise zu Gunsten von Luxusmarken. Es kommt entscheidend darauf an, ob Konsumenten gedanklich die bekannte mit der fremden Marke verbinden und die fremde Marke davon profitiert. 

In anderen Worten ist der Anwendungsbereich des Bekanntheitsschutzes eröffnet, wenn eine solche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen besteht, dass beide Zeichen gedanklich miteinander verknüpft werden und die bekannte Marke den Käufern bei Betrachtung der fremden „in den Sinn kommt“.

Daher ist es Dritten ohne Zustimmung im Markenrecht untersagt „ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren […] zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt“.

Adidas ging von einer Beeinträchtigung durch die konkrete Gestaltung der Thom Browne-Jacke aus. Denn die „für die Annahme einer Verletzungshandlung insoweit erforderliche, aber auch ausreichende gedankliche Verknüpfung mit der bekannten Marke liege […] hier vor.“ 

Wie entschied das Gericht?

Das Gericht entschied mit Blick auf den Bekanntheitsschutz, dass den drei Streifen von Adidas keine hinreichende Unterscheidungskraft im Markenrecht zukämen und so keine Beeinträchtigung im Raum stehe. Es verwies auf die Branchenüblichkeit der Verwendung von Querstreifen und der simplen visuellen Gestaltung (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2024, Az. 20 U 120/23, Rn. 117).

Ein weiteres Mal betone das Gericht, dass schon keine „markenmäßige“ Verwendung durch die Luxusmarke im Markenrecht vorläge, denn „der besonders aufmerksame und informierte Verkehrskreis kann hinreichend klar erkennen, dass es sich bei dem angegriffenen Zeichen nicht um die Klagemarken der Klägerin handelt.“ Eine Beeinträchtigung sei nicht gegeben. 

Resumé 

In seinem Urteil konkretisiert das LG Nürnberg-Fürth die Anforderungen der „markenmäßigen“ Verwendung bei Produkten von Luxusmarken. Es betont, dass es bei der Beurteilung auf den maßgeblichen Verkehrskreis, daher auf die Personen, ankommt, welche die Produkte konsumieren.

Bei einer Luxusmarke sei regelmäßig auf den Verkehrskreis von Luxusmarken-Käufern der hochpreisigen Produkten abzustellen. Diese seien besonders markenbewusst und informiert und können, wie im vorliegenden Fall, eine rein dekorative Design-Entscheidung von einem Herkunftshinweis im Markenrecht unterscheiden.

dtb-Rechtsanwalt und Experte für Markenrecht und Luxusmarken Leon van Lee hierzu: „Das Urteil trifft eine bedeutsame Konkretisierung für die Beurteilung im Luxussektor, ob ein Zeichen „markenmäßig“ verwendet wird und somit markenrechtlich relevant ist.“

Stand 19.06.2025