17.09.2025

EuG-Urteil: Keine Marke für „NERO CHAMPAGNE“ Weine

Im Markenrechtsstreit um die Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ lehnte das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Eintragung der Marke für Weine unter der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ ab. Es unterstrich hiermit die Bedeutsamkeit von geschützten Herkunftsbezeichnungen (T-239/23).

Prozessverlauf

Im Jahr 2019 meldete das italienische Unternehmen Nero Lifestyle für unterschiedliche Schaumweine die Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) an. 

Die Markenanmeldung bezog sich unter anderem auf solche Schaumweine, welche nach eigenen Angaben des Unternehmens den Anforderungen der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ entsprechen.

Gegen diese Eintragung der Unionsmarke legten die französischen Weinverbände Comité interprofessionnel du vin de Champagne und das Institut national de l’origine et de la qualité Widerspruch ein. 

Der Widerspruch wurde jedoch am 17. Februar 2023 durch das EUIPO zurückgewiesen (R 531/2022-2). 

Sodann gingen die Verbände hiergegen erfolgreich im Wege einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union; AEUV vor dem EuG vor.

Im Urteil vom 25. Juni 2025 hob das EuG die Entscheidung des EUIPO auf, gab dem Widerspruch im Rahmen des Markenrechtsstreits statt und versagte die Eintragung der Wortmarke „NERO Champagne“ als Unionsmarke.

Was machen den Champagner und die geschützte Herkunft so besonders?

Madame Lily Bollinger, des bekannten Champagner-Herstellers Bollinger, sagte einst zu der Lebensfreude, die sie bei dem Genuss von Champagner verspürt: „Ich trinke Champagner, wenn ich glücklich bin und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin. In Gesellschaft geht es gar nicht ohne. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken.

Es handelt sich bei dem Champagner um ein weltbekanntes Luxusprodukt. Der Schaumwein wird allein in der Region Champagne, die sich im Nordosten Frankreichs befindet, hergestellt. 

Dass der Luxuswein Champagner nur in der Champagne hergestellt wird, liegt an den dort herrschenden besonderen klimatischen Bedingungen. Aufgrund dieser Bedingungen kann sich das Gebiet der Champagne geografisch nicht weiter ausbreiten. 

Die Trauben des Luxusweines reifen aufgrund der kühlen Temperaturen besonders langsam, was den Beeren ihren einzigartigen Geschmack verleiht. Und die Zusammensetzung des Bodens in der Champagne liefert fantastische Voraussetzungen für die Herstellung des klaren Schaumweins. 

Darüber hinaus wird Champagner mithilfe eines aufwändigen und zeitintensiven Herstellungsverfahrens, der Méthode Champenoise (der traditionellen Flaschengärung), hergestellt. Nicht zuletzt aufgrund dieses Verfahrens verfügt der Champagner weltweit über einen exzellenten Ruf als Luxusprodukt mit hochwertiger Qualität und exzellentem Geschmack.

Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Traubenlese in der gesamten Champagne nur per Hand und nicht maschinell stattfindet. Denn die Trauben müssen als Ganze geerntet werden, um die Frische der Beeren zu erhalten.

Es ist Aufgabe des Weinbau-Branchenverbands Comité Champagne (das Komitee der Champagne), unter anderem diese Regelungen zu überwachen. Auch hat es sich das Komitee zur Aufgabe gemacht, die geschützte Herkunftsbezeichnung „Champagne“ zu hüten und sicherzustellen, dass alle Winzer in der Champagne die Regelungen zur Herstellung des Schaumweines einhalten. 

Weltweit bekannte Champagner-Hersteller und Luxusmarken, die für Genuss und Eleganz stehen, sind Dom Pérignon, Taittinger, Veuve Clicquot, Moët & Chandon, Ruinart, Bollinger und Billecart-Salmon.

Markenrechtsstreit NERO Champagne

Herkunftsschutz im Markenrecht

Das Markenrecht schützt Bezeichnungen für Waren oder Dienstleistungen im gewerblichen Verkehr und sichert unter anderem den Wiedererkennungswert von Luxusprodukten wie Champagner, die über einen besonderen qualitativen Standard und eine bestimmte Herkunft verfügen (Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen; MarkenG). 

Somit spielt der Herkunftsschutz von Luxusprodukten, die eng mit ihrem geografischen Herkunftsort verbunden sind, eine bedeutsame Rolle. Als Teil der Qualitätsregelungen der Europäischen Union (EU) zielen sie darauf ab, die kulturelle Vielfalt in der Union zu erhalten. Das war auch im vorliegenden Markenrechtsstreit um „NERO CHAMPAGNE“ zentral (Mehr zum Herkuftsschutz: Urheber- und Markenrechtsstreit um Hermés-Tücher; Cartiers LOVE-Armreif).

Konkret wird mithilfe der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) garantiert, dass die Erzeugung und Verarbeitung eines Weins oder Lebensmittels in einem bestimmten geografischen Gebiet, nach einem anerkannten oder festgelegten Verfahren erfolgt. 

So können beispielsweise Luxusprodukte wie Wein aus der Champagne in ihrer regionalen Identität erhalten und von anderen Produkten unterschieden werden.

Für Konsumenten von Luxusprodukten und Premiumweinen garantiert das Siegel g.U. somit eine gewisse Qualität der Produkte, die mit ihrer Herkunft und ihrer Herstellung einhergeht (Produktspezifikation). Einzutragende Marken, die beispielsweise diese Produktspezifikationen nicht aufweisen, können gelöscht werden (Artikel 102 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013; Artikel 8 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001).

Der geschützten Ursprungsbezeichnung im Markenrecht für exklusive Weine kommt auch ein besonderer wirtschaftlicher Wert zu. Im Jahr 2024 wurden 271 Millionen Flaschen Champagner weltweit exportiert und der Umsatz der Champagnerbranche liegt bei 5.8 Milliarden €.

Champagne als geschützte Ursprungsbezeichnung im Markenrecht

Die Bezeichnung „Champagne“ ist seit 1973 markenrechtlich unionsweit als Luxusprodukt geschützt. Sie verfügt über einen hervorragenden Ruf und ist eine weltweit geschätzte und bekannte Bezeichnung, die Konsumenten mit einer hervorragenden Qualität und Exklusivität verbinden.

Im konkreten Markenrechtsstreit trugen die französischen Weinverbände vor, dass die Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ nicht für ihre Schaumweine eintragbar sei, da sie der Produktspezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ nicht entsprächen (vgl. Artikel 103 Abs. 2 der Verordnung Nummer 1308/2013).

Für Konsumenten bestehe die Gefahr der Irreführung, da sie fälschlicherweise davon ausgehen könnten, es handele sich um den Wein aus der Champagne. Auch nutze die Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ die Wertschätzung der geschützten Ursprungsbezeichnung in unlauterer Weise aus.

Warum wurde „NERO CHAMPAGNE“ nicht als Marke eingetragen?

Das Gericht versagte die markenrechtliche Eintragung, da das EUIPO seinen Prüfpflichten nicht hinreichend nachging und da es eine Gefahr der Irreführung für die Verbraucher sah.

Es unterstrich im Markenrechtsstreit in besonderem Maße die Bedeutung des Herkunftsschutzes von Luxusprodukten, denn die geschützte Ursprungsbezeichnung „Champagne“ garantiere besondere Eigenschaften. Die dort hergestellten Weine unterlägen einem besonderen Klima, Herstellungsverfahren und geografischen Bedingungen.

Zunächst stellt das EuG fest, dass es nicht grundsätzlich verboten sei, eine Marke mit geschützter Ursprungsbezeichnung eintragen zu lassen. 

Eine markenrechtliche Ablehnung fände jedoch dann statt, wenn „die geschützte Ursprungsbezeichnung nicht der betreffenden Produktspezifikation entspricht“.

Auch fände eine Ablehnung statt, wenn die Verwendung der Marke das Ansehen einer geschützten Ursprungsbezeichnung ausnutzt oder wenn die angemeldete Marke eine falsche oder irreführende Angabe zu Herkunft oder Ursprung des Erzeugnisses enthält. (Vgl. Artikel 103 der Verordnung Nummer 1308/2013).

Prüfung der Markeneintragung durch das EUIPO

Es ist zu vermuten, dass diese Umstände nicht vorliegen, wenn die Ware den Spezifikationen der jeweiligen Ursprungsbezeichnung entspricht. Die Vermutung kann durch Beweise widerlegt werden, welche durch das EUIPO zu prüfen sind.

Mit Blick hierauf stellte das EuG fest, dass das EUIPO seiner Prüfpflicht nicht hinreichend nachging. Es wäre pauschal zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vermutung nicht durch die vorgetragenen Beweise zu widerlegen ist. 

Das EUIPO habe somit einen Rechtsfehler begangen.

Irreführung durch die Bezeichnung „NERO CHAMPAGNE“ im Markenrechtsstreit

Weiter bestätigte das Gericht eine vorliegende Gefahr der Irreführung bezüglich der Herkunft der Schaumweine. Auch aus diesem Grunde sei eine markenrechtliche Eintragung abzulehnen (Artikel 103 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nummer 1308/2013). 

In diesem Kontext betont das Gericht, dass die Regelungen zum Herkunftsschutz im Markenrecht im Wesentlichen darauf abzielen, „den Verbrauchern die Gewähr dafür zu bieten, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse mit einer eingetragenen Bezeichnung aufgrund ihrer Herkunft aus einem bestimmten geografischen Gebiet bestimmte besondere Merkmale aufweisen und damit eine auf ihrer geografischen Herkunft beruhende Qualitätsgarantie bieten.“

Die Bezeichnung „NERO CHAMPAGNE“ sei in zweierlei Hinsicht für die Konsumenten irreführend und führe zu einer falschen Assoziation. 

Einerseits könne die Bezeichnung „NERO CHAMPAGNE“, als Hinweis auf die Farbe des Schaumweines verstanden werden, da „nero“ im Italienischen „schwarz“ bedeutet. 

Insbesondere der italienische Verkehrskreis könne davon ausgehen, dass es sich um einen schwarzen Schaumwein handele, obwohl der exklusive Champagner gemäß der Spezifikation nur weiß oder rosé sein könne.

Andererseits bestehe die Gefahr, dass der Wein unzutreffend als besondere Champagner-Sorte oder neue Rebsorte der Champagne aufgefasst werde. Das Gericht kritisierte in diesem Zusammenhang, dass keine andere überzeugende Erklärung dafür vorläge, „wie die Verkehrskreise den Begriff ‚Nero’ in Verbindung mit der Bezeichnung ‚Champagne’ wahrnehmen könnten“.

Résumé

Der Markenrechtsstreit um „NERO CHAMPAGNE“ festigt die Bedeutung des Herkunftsschutzes für Luxusprodukte wie Champagner. Es unterstreicht, dass nur solche Produkte, die den spezifischen Qualitätsanforderungen und Herstellungsverfahren einer geschützten Ursprungsbezeichnung entsprechen, markenrechtlich eintragungsfähig sind.

„Durch Ursprungsbezeichnungen wie ‚Champagne’ wird Liebhabern von Luxusweinen und Lebensmitteln die Möglichkeit gegeben, die einzigartige Qualität aus der Region zu genießen. Gleichzeitig wird dem Champagner-Artisan die gebührende Anerkennung für ihre herausragenden Herstellungsverfahren und ihre Qualitätssicherung zuteil.“ So dtb-Rechtsanwalt und Experte für Kunstrecht, Markenrecht und den Luxussektor Leon van Lee. „So werden die kulturelle Identität und Exklusivität und der wirtschaftliche Wert von Luxusprodukten gesichert“.

Stand 17.09.2025