04.06.2025

BGH-Urteil: Drohnenfotos im Urheberrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in seinem Urteil im Kunstrecht vom 23. Oktober 2024, dass Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Kunstinstallationen, die unter Zuhilfenahme von Drohnen gemacht wurden, nicht unter die Panoramafreiheit gemäß §59 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) fallen (I ZR 67/23).

Der Sachverhalt

Verschiedene Künstler hatten im Ruhrgebiet auf alten Bergbauhalden große Kunstinstallationen geschaffen. Hierunter unter anderem die Installationen „Sonnenuhr mit Geokreuz“ des Künstlers Jan Bormann, „Nachtzeichen“ des Künstlers Klaus Noculak, „Himmelstreppe“ des Künstlers Herman Prigann und „Tetraeder“ des Künstlers Wolfgang Christ.

Der Beklagte, ein Verlag, hatte Bücher zum Thema „Halden im Ruhrgebiet“ publiziert. Neben Landschaftsfotos hatte der Verlag auch Fotos der  Kunstinstallationen veröffentlicht. Diese wurden unter Zuhilfenahme von Drohnen aus der Luft gemacht.

Es handelt sich bei Drohnen um unbemannte Flugobjekte, die insbesondere dazu verwendet werden, aus der „Vogelperspektive“ Luftbildaufnahmen anzufertigen. 

Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, welche die Rechte und Ansprüche der betroffenen Künstler bezüglich der Kunstinstallationen wahrnimmt, ging sodann gerichtlich gegen den Verlag vor und forderte Unterlassung und Schadensersatz gemäß §97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 UrhG.

Es läge eine Verletzung des Urheberrechts der Künstler vor. Denn die Veröffentlichung der Fotos greife in das allein den Künstlern im Urheber- bzw. Kunstrecht zustehende Recht zur Veröffentlichung und Verbreitung der Werke ein.

„Mich ärgert, dass da Leute Bilder aus der Luft von meinen Kunstwerken machen, und die dann veröffentlichen. Ich hab das dann gemeldet, weil ich ja dafür Geld bekommen muss.“ So der Künstler Jan Bormann.

Insbesondere hatten die Gerichte zu klären, ob die Veröffentlichung der Drohnenfotos unter die Ausnahmeregelung der Panoramafreiheit fällt. Im Kunstrecht wurde die Rechtslage in Bezug auf Drohnenfotos bislang nicht höchstrichterlich geklärt. 

Prozessverlauf 

Das Landgericht Bochum (LG Bochum) hatte in erster Instanz der Klage im Kunstrecht im vollen Umfang stattgegeben. Nach erfolgloser Berufung wurde die Revision zugelassen.

Das zuständige Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) befasste sich insbesondere mit dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Panoramafreiheit gemäß §59 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Die Revision gegen das Urteil des OLG Hamm blieb erfolglos.

Der BGH sprach den Künstlern unter anderem Schadensersatz zu und verurteilte den Verlag zur Unterlassung gemäß §97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 UrhG. Die Veröffentlichung der Drohnenfotos greife widerrechtlich in das Urheberrecht der Künstler ein. 

Urheberrecht im Kunstrecht 

Das Urheberrecht hat im Kunstrecht den Zweck, als Kulturrecht die geistige Schöpfung des Urhebers in ihrem gestalterischen Aspekt zu schützen. Vor allem soll der Schutz der kreativen Leistungen im Kunstecht gewährleistet werden.

Im Kunstrecht steht das Urheberrecht neben den gewerblichen Schutzrechten wie dem Patent-, Design- und Markenrecht. Sofern das Werk eine persönliche und geistige Schöpfung eines Menschen ist, entsteht der Urheberrechtsschutz hieran unmittelbar und unentgeltlich.

Was beinhaltet der Urheberrechtsschutz?

Das Urheberrecht im Kunstrecht schützt die Verwirklichung des Urhebers in seinem Werk als „persönlich geistige Schöpfung“ gemäß §2 Abs. 2 UrhG einheitlich. So liegt dem Urheberrechtsschutz im Kunstrecht der sogenannte Monismus zugrunde. 

Das bedeutet, dass das Urheberrecht zwar über zwei Seiten, die Persönlichkeitsrechte und das Vermögensrecht (mit seinen kommerziellen Verwertungsrechten) verfügt. Das besondere Persönlichkeitsrecht des Urhebers ist beiden als Stammrecht inhärent. 

Beide bilden eine „untrennbare Einheit“ und sind, so beschrieb es der Gesetzgeber im Jahr 1965, „vielfältig miteinander verflochten“ (BT-Drucksache IV 270, S. 43). Auch ist das besondere Persönlichkeitsrecht im Kunstrecht nicht unter Lebenden übertragbar und bleibt untrennbar mit dem Urheber verbunden (vgl. §29 Abs. 1 UrhG).

Solange das Urheberrecht besteht und keine gesetzliche Schranke wie die Panoramafreiheit oder ein Nutzungsrecht vorliegt, darf das Werk nicht ohne Zustimmung durch andere verwertet werden. 

Die Urheberpersönlichkeitsrechte

Die Urheberpersönlichkeitsrechte des Urhebers schützen insbesondere die „geistige und persönliche Beziehung des Urhebers zu seinem Werk“ im Kunstrecht (§11 Satz 1, §§12ff. UrhG).

Dies umfasst zunächst das Recht auf Veröffentlichung (vgl. §§12 Abs. 1, 6 Abs. 1 UrhG). Das Gesetz trägt mit dieser Norm im Kunstrecht dem Umstand Rechnung, dass sich der Urheber der öffentlichen Kritik aussetzt und daher entscheiden darf, ob er sein Werk der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Auch geschützt ist die freie Entscheidung des Urhebers darüber, ob er seine Urheberschaft anerkennen oder verleugnen möchte (§13 Satz 1 und 2 UrhG).

Darüber hinaus wird ihm das Recht gewährt, Beeinträchtigungen wie die Entstellung seines Werkes zu untersagen (§14 UrhG). Hiernach kann sich der Urheber dagegen wehren, dass seinem Werk von Dritten eine „ästhetische Wirkungsweise“ beigebracht wird, die er so nicht vorgesehen hat (BGH, 9.11.2023 - I ZR 203/22).

Die Verwertungsrechte 

Die Verwertungsrechte schützen den Urheber bezüglich der kommerzielle Nutzung des Werkes gemäß §§15ff. UrhG. Sie sichern zugleich eine „angemessene Vergütung für die Nutzung“ (vgl. §11 Satz 1 und 2 UrhG).

Das Gesetz bestimmt in §15 Abs. 1 UrhG, dass der Urheber das ausschließliche Recht hat, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Grundsätzlich können sie jedoch auch Dritten eingeräumt werden (§§31ff. UrhG). 

Dieses Recht umfasst insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§16 UrhG) und das Verbreitungsrecht, welches es dem Urheber erlaubt, das Werk oder Vervielfältigungsstücke nach seiner freien Entscheidung in den Verkehr zu bringen und der Öffentlichkeit anzubieten (§17 UrhG).

Auch ist das Ausstellungsrecht umfasst, welches es erlaubt, das Werk oder Vervielfältigungsstücke öffentlich zur Schau zu stellen (§18 UrhG). 

Darüber hinaus hat der Urheber gemäß §15 Abs. 2 UrhG im Kunstrecht das ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe. Das bedeutet, dass er sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiedergeben darf. 

Hiermit sind insbesondere das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§19 UrhG), das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19a UrhG), das Senderecht (§20 UrhG), das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§21 UhrG) und das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§22 UrhG) gemeint. 

Gesetzliche Schranken des Urheberrechts 

Es existieren jedoch gesetzliche Schranken des Urheber- bzw. Kunstrechts. Nur so kann ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Urhebers daran, an der wirtschaftlichen Nutzung des Werkes beteiligt zu werden, und dem öffentlichen Informations- und Kommunikationsinteresse an den Werken geschaffen werden.

So lässt das Gesetz in bestimmten Fällen eine erlaubnisfreie und vergütungsfreie Nutzung zu. So auch im Falle der Panoramafreiheit gemäß §59 Abs. 1 Satz 1 UrhG.

Die Entscheidung des BGH 

Der BGH sah in der Veröffentlichung der Drohnenfotos einen widerrechtlichen Eingriff in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Künstler im Urheber- bzw. Kunstrecht (§§15 Abs. 1 Nummer 1,2 in Verbindung mit §§16, 17 UrhG). Denn die Kunstinstallationen wurden bildlich wiedergegeben, indem sie als Fotos publiziert wurden. Im Vertrieb der Bücher sei eine Verbreitung zu sehen.

Bei den abgebildeten Kunstinstallationen handele es sich unstreitig um urheberrechtlich geschützte Werke der bildenden Künste im Kunstrecht (§2 Abs. 1 Nummer 4, Abs. 2 UrhG).

Wie schon das OLG Hamm hatte sich der BGH insbesondere mit der Frage zu befassen, ob es sich um eine erlaubte Nutzung im Rahmen der Panoramafreiheit gemäß §59 Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt.

Die Panoramafreiheit und Drohnenfotos 

Die Panoramafreiheit erlaubt es, dass Werke, die sich „bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film“ vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden. 

Diese Regelung wird im Urheber- bzw. Kunstrecht dann angewandt, wenn Kunstwerke durch eine dauerhafte Errichtung oder Aufstellung an öffentlichen Orten der Allgemeinheit gewidmet sind.

Die Panoramafreiheit soll sicherstellen, dass öffentlich zugängliche Orte im Interesse der Informations-, Kommunikations- und Handlungsfreiheit frei von urheberrechtlichen Verbietungsrechten bleiben. Jedermann soll dortige Werke abbilden und diese Abbildungen verwerten dürfen.

Der BGH stellte zunächst fest, dass die Lichtbilder grundsätzlich von der Panoramafreiheit erfasst sind. Denn die Kunstinstallationen auf alten Bergbauhalden seien für jedermann zugänglich und könnten von öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen aus wahrgenommen werden. 

Jedoch urteilte der BGH, dass nur solche Lichtbilder eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Kunstrecht von der Panoramafreiheit geschützt sind, die aus Perspektiven entstehen, welche dem „allgemeinen Publikum“ zugänglich sind. 

Hierunter fallen gerade nicht solche Orte, die dem „allgemeinen Publikum“ nicht oder nicht ohne besondere technische Hilfsmittel wie Drohnen zugänglich sind. 

Drohnenfotos seien daher nicht von der Zweckbestimmung der Panoramafreiheit gedeckt. Denn der Luftraum, der nur unter Zuhilfenahme eines Fluggerätes zu erreichen ist, gilt mehr als allgemein zugänglicher und öffentlicher Raum.

Auslegung mit Blick auf das Unionsrecht

Der Art. 5 Abs. 3 Buchstabe h der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte (2001/29/EG) bildet die unionsrechtliche Rechtsgrundlage für die Panoramafreiheit im nationalen Recht.

Somit muss die Auslegung des BGH im Einklang mit dem unionsrechtlich eingeräumten Spielraum stehen. Der BGH betonte, dass seine Auslegung der Panoramafreiheit, nach der Drohnenaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien, diesen Spielraum in einer zulässigen Weise ausschöpft. 

Insbesondere habe er die Abwägung zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Öffentlichkeit und dem „berechtigten Interesse des Urhebers, an der wirtschaftlichen Nutzung des Werkes angemessen beteiligt zu werden“ auf eine angemessene Art vorgenommen. 

Zwar bestehe der Zweck der Panoramafreiheit im Urheber- bzw. Kunstrecht darin, die Nutzung von Werken, die sich dauerhaft an öffentlichen Orten befinden, für jedermann zu ermöglichen. Doch wurden die Kunstinstallationen aus einer der Öffentlichkeit nicht oder nicht ohne besondere Hilfsmittel zugänglichen Perspektive gemacht. Daher fielen die öffentlichen Interessen nicht schwer ins Gewicht. 

Es überwiege das Interesse des Urhebers. Insbesondere deshalb, da er an der erfolgten kommerziellen Verwertung durch die Buchveröffentlichung angemessen wirtschaftlich zu beteiligen sei.

Resumé

Mit seinem Urteil stärkt der BGH das Urheberrecht und konkretisiert die Panoramafreiheit. Er stellt klar, dass Drohnenaufnahmen von Kunst aus nicht öffentlich zugänglichen Perspektiven nicht von der Panoramafreiheit gedeckt sind und schützt so das Interesse der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke weiter.

„Das Urheberrecht bleibt ein wirksamer Schutzschirm für kreative Schöpfungen gegen unbefugte kommerzielle Verwertung. Auch mit Blick auf neue technische Möglichkeiten.“ So dtb-Gründungspartner und Experte für Kunstrecht Dr. Pascal Decker. 

Stand 04.06.2025