Das am 01.01.2024 in Kraft getretene modernisierte Recht der Personengesellschaften (kurz MoPeG) greift jahrzehntelange Rechtsprechung und Praxisentwicklungen auf und gießt diese in angepasste rechtliche Formen (vgl. §§705ff. BGB).
Da das Personengesellschaftsrecht eine essentielle Rolle im modernen Wirtschaftsleben spielt, sollten sich Marktteilnehmer einen Überblick über die umfangreiche Modernisierung verschaffen.
Warum die Modernisierung?
„Das, was im Gesetz steht, ist nicht mehr das, was jetzt gelebtes Recht ist.“ stellt Heribert Hirte, der Vorsitzende des Rechtsausschusses, im Rahmen einer viel zitierten Stellungnahme zum MoPeG fest.
Der Gesetzgeber verfolgte das Ziel das veraltete, noch aus dem 19. Jahrhundert herrührende Recht der Personengesellschaften den praktischen Bedürfnissen der modernen Wirtschaft anzupassen. Zuvor war die Ausgestaltung des Personengesellschaftsrechts veraltet, eben nicht „lebendig“ - das Gesetz hinkte also hinter dem her, was durch die Rechtsprechung und Kautelarpraxis bereits anerkannt war. Diesen Gleichlauf von geschriebenem Recht und der Praxis schafft das MoPeG als „Jahrhundertwerk“, so Hirte. Es führt grundlegende Änderungen für jegliche Unternehmen ein, solange diese in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder BGB-Gesellschaft (GbR), der offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder der Kommanditgesellschaft (KG) organisiert sind. Diese Modernisierung birgt Chancen und Vorteile auch für Luxusmarkenunternehmen.
Welche Anpassungen trifft das MoPeG?
Das MoPeG betrifft allein die Personengesellschaften, welche neben den Kapitalgesellschaften die Rechtsformen des Gesellschaftsrechts bilden. Das ist von Bedeutung, da die Wahl der passenden Rechtsform für ein Unternehmen grundlegende Strukturen, Rechte und Pflichten festlegt. Angepasst wurde insbesondere das Recht der GbR, der Grundform der Personengesellschaften.
Die GbR
Die in den Paragraphen §§705ff. BGB geregelte GbR wird deshalb als Grundform der Personengesellschaften bezeichnet, da nur bei Erfüllung weiterer, handelsrechtlicher Anforderungen entweder eine OHG oder KG vorliegt. In anderen Worten: Erfüllt eine Gesellschaft diese weiteren Anforderungen nicht, ist sie zumindest GbR die vorherrschende Personengesellschaft.
Rechtsfähigkeit der GbR
Das MoPeG etabliert als Leitbild eine nun rechtsfähige, auf gewisse Dauer angelegte und gegebenenfalls unternehmensbetreibende GbR.
Vor der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts war die Rechtsfähigkeit, also die Möglichkeit für die GbR selbst Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, umstritten.
Dieses wurde ihr nun durch das MoPeG in einer ausdrückliche Regelung in §705 II, III BGB ermöglicht.
Die Rechtsfähigkeit setzt zunächst eine wirksame Errichtung der GbR voraus, welche weiterhin durch Gesellschaftsvertrag stattfindet. Hierbei muss der Wille der Gesellschafter auf die Förderung eines gemeinsamen Zweckes gerichtet sein (§705 I BGB).
Tritt zumindest aus dem Gesellschaftsvertrag der Wille der Gesellschafter hervor, am Rechtsverkehr teilnehmen zu wollen, entsteht nun nach §705 II BGB die Rechtsfähigkeit der GbR.
Hierbei erleichtert der, durch das MoPeG neu eingeführte, Paragraph §705 III BGB die Feststellung des gemeinsamen Willens. Dieser wird vermutet, soweit die Gesellschaft das Betreiben eines Unternehmens unter gemeinsamen Namen zum Gegenstand hat.
Trotz Modernisierung kann eine GbR selbstverständlich weiterhin so geführt werden, dass nur die Gesellschafter Geschäfte schließen können im Sinne einer sogenannten Innengesellschaft (§705 II a.E. BGB).
In der Praxis eröffnet das MoPeG der GbR selbst Handlungsfähigkeit, da sie als eigener Rechtsträger agieren kann und somit Verträge abschließen, Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Beispielsweise kann dies im Luxusmarkensektor von Vorteil sein, da ein geschlossenes und professionelles Auftreten ermöglicht wird.
Registereintragung
Im Zuge einer weiteren Neuerung des MoPeG wurde mit §707 BGB die Möglichkeit eröffnet, die GbR in das neu geschaffene Gesellschaftsregister einzutragen. Durch die Eintragung von Pflichtangaben zur Gesellschaft selbst und zu den Gesellschaftern, wie die jeweilige Namen, Adressen und Vertretungsbefugnisse (vgl. §705 II BGB) gewährleistet das MoPeG eine vorher nicht existierende Transparenz für Dritte. Nach Eintragung ist die GbR gem. §707a II BGB verpflichtet, den Namenszusatz „eingetragene“ oder „eGbR“ zu tragen.
Es ist erwähnenswert, dass neben der bloß freiwilligen Eintragungsmöglichkeit, die das MoPeG einräumt, für bedeutende Rechtsvorgänge wie den Grundstückserwerb eine Eintragungsobliegenheit (vgl. §47 II GBO) existiert. Falls bezüglich bestimmter Angaben keine Offenlegung gewünscht ist, müssen organisatorische Strategien entwickelt werden, um die Transparenz zu minimieren. Dies gilt insbesondere Blick darauf, dass eine einmal eingetragene GbR nicht auf Antrag wieder löschbar ist (vgl. §707a IV BGB).
Dennoch kann die Möglichkeit der Registereintragung grundsätzlich für mehr Glaubwürdigkeit im Wirtschaftsleben sorgen, da beispielsweise ein Gesellschafter den klaren Nachweis seiner Vertretungsmacht führen kann. Darüber hinaus kann eine solche Transparenz bezüglich der Gesellschaftsstrukturen mögliche neue Partner und Investoren generieren.
Auch sorgt die Modernisierung für mehr Rechtssicherheit im Falle der Eintragung, da sich nach der sogenannten Publizitätswirkung Dritte auf die Eintragung im Gesellschaftsregister grundsätzlich verlassen können (vgl. §707a III S. 1 BGB iVm §15 HGB).
Gesellschaftsvermögen
Das MoPeG verleiht der GbR auch im Hinblick auf das Gesellschaftsvermögen neue Handlungsmöglichkeiten indem er das Prinzip wonach allein die Gesellschafter Vermögen innehaben abschafft. Der neu geschaffene §713 BGB ermöglicht es der rechtsfähigen GbR nun eigenes Gesellschaftsvermögen innezuhaben, welches aus den Beiträgen der Gesellschafter und den für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und gegen sie begründeten Verbindlichkeiten besteht.
Diese Trennung bedeutet für Personengesellschaften und insbesondere für Luxusmarkenunternehmen den Schutz des privatwirtschaftlichen Vermögens der Gesellschafter vor unerwarteten finanzielle Belastungen. Die Zwangsvollstreckung findet nur in das Gesellschaftsvermögen statt (vgl. §722 II BGB).
Gesellschaftertod und Auflösung der Gesellschaft
Im MoPeG finden sich auch Neuregelungen zur Auflösung der GbR.
Insbesondere schafft das MoPeG eine neue „Bestandsgarantie“ für die GbR.
Denn vor Inkrafttreten des MoPeGs führten Gründe wie Kündigung oder Tod einer der Gesellschafter zur Auflösung der gesamten GbR. Nunmehr statuiert §723 BGB dass die Gesellschaft bestehen bleibt und das bloße Ausscheiden des jeweiligen Gesellschafters zur Folge hat.
Im Falles des Todes können die Gesellschaftsanteile weiterhin mithilfe einer vertraglichen Regelung auf die Erben übergehen. Das MoPeG eröffnet nun die erbrechtliche Möglichkeit,
in die Gesellschafterstellung einzutreten oder in die beschränkte Haftung zu gehen (§724 BGB).
Somit zeigen an dieser Stelle die Modernisierungsregelungen einen erhöhten Grad an Gestaltungsmöglichkeiten, bei gestraffterer Normstrukur und den Versuch unerwünschte rechtliche und finanzielle Folgen beim Eintritt von unvorhersehbaren Lebensumständen zu vermeiden.
Die OHG und KG
Sowohl das Recht der OHG (§§105ff. HGB) als auch das der KG (§§161ff. HGB) wurde durch das MoPeG zurückhaltender angepasst. Bei der OHG handelt es sich nach wie vor um eine stets rechtsfähige Personengesellschaft für professionelle Markteilnehmer. Die Regelungen der OHG finden sich folglich grundsätzlich im Handelsrecht.
Es galt jedoch bereits vor der Modernisierung die subsidiäre Anwendbarkeit der GbR-Regelungen in §§705ff. BGB auf die der OHG (§105 III HGB). Die weitreichenden Anpassungen im Rahmen dieser Normen und die Identifizierung der rechtsfähigen GbR als neues Leitbild durch das MoPeG verleiht diesem Verweis eine besondere Bedeutung.
Die KG wiederum ist eine Abwandlung der, nur aus voll haftenden Gesellschaftern bestehenden, OHG. Mindestens ein Gesellschafter der KG haftet nur beschränkt persönlich (§161 I HGB).
Freiberufler
In diesem Zusammenhang trifft das MoPeG eine erwähnenswerte Anpassung, die die
Öffnung des Personengesellschaftsrechts für Freiberufler zum Gegenstand hat.
Ärzte und Apotheker, Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, Betriebswirte, Ingenieure und Architekten, Informatiker, Naturwissenschaftler und Journalisten, Designer und Schriftsteller erhalten mit §107 I S. 2 HGB nun die Wahlmöglichkeit, sich als OHG, KG oder GmbH & Co. KG zusammenzuschließen, soweit die jeweilige Berufsregelung dies zulässt.
Für einen Zusammenschluss sah das Recht zuvor die Partnerschaftsgesellschaft vor, welche eine beschränkte Berufshaftung beinhaltete. Die Modernisierung eröffnet nun die Möglichkeit von weitergehenden Haftungsbeschränkungen zu profitieren.
Résumé
dtb-Rechtsanwalt und Gesellschaftsrechtsexperte Maximilian Brazel resümiert: „Die lange erwartete und überfällige Reform und Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist mit dem „Jahrhundertwerk“ MoPeG vollzogen“. Das MoPeG konstruiert den Gleichlauf von Praxis und Recht mithilfe von strukturierten Regelungen und der Kodifizierung von Instrumenten. Hierzu zählen die neu geschaffene Registereintragung und Wahlmöglichkeiten für Freiberufler, welche neue Chancen im Wirtschaftsleben eröffnen können. Insbesondere durch die Etablierung der rechtsfähigen GbR mit Gesellschaftsvermögen können sich beispielsweise Luxusmarkenunternehmen flexibler an die stetig wandelnden Anforderungen des Marktes anpassen.
Stand 20.02.2025