Freihäfen oder Freeports gelten in einer globalisierten Wirtschaft als wichtiges Instrument, um den Handel mit Vermögenswerten wie Kunstwerken, Edelsteinen, Antiquitäten, Oldtimern, Weinen und sensiblen Dokumenten zu erleichtern und eine sichere Zwischenlagerung zu gewährleisten.
Genutzt werden Freihäfen insbesondere von Museen, Galerien und Auktionshäusern sowie privaten Sammlern, Investoren und Stiftungen.
Was sind Freihäfen?
Bei Freihäfen handelt es sich um moderne und große Lagerbauten innerhalb von Freizonen (vgl. §210b Unionszollkodex, UZK), in die Waren frei von Einfuhrzöllen, Steuern und anderen handelspolitischen Maßnahmen verbracht werden können. In der EU bietet der Unionszollkodex den rechtlichen Rahmen innerhalb dessen die Mitgliedstaaten Freizonen ausweisen können (Artikel 243 UZK, §20 Zollverwaltungsgesetz; ZollVG).
Bekannte Freihäfen befinden sich in Luxemburg (Luxembourg High Security Hub; HSH), Genf (Ports Francs et Entrepôts de Genève; Geneva Free Port) und Singapur (Le Freeport). In Deutschland sind Freihäfen in Bremerhaven und Cuxhaven zu finden. Die geografische Lage von Freihäfen wird spezifisch mit Blick auf logistische Aspekte ausgewählt, denn Kapital-, Wirtschafts- und Datenflüsse sollen effizient und frei fließen. Eine Anbindung an Flughäfen ist somit gängig.
Insbesondere die Lagerung und Konservierung von Kunstwerken haben in den letzten Jahrzehnten an massiver Bedeutung gewonnen. Nicht nur hat Kunst aufgrund des historischen Werts, der ästhetischen Ausdruckskraft und möglicherweise emotionalen Wirkung eine besondere Bedeutung für Menschen.
Auch ist Kunst ein Handelsgut und somit ein Investment. Denn hochpreisige moderne und zeitgenössische Kunstwerke können auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten eine stabile Investition darstellen.
Es gilt somit, mit der Verantwortung, die das Eigentum an Kunstwerken mit sich bringt, angemessen umzugehen und das Investment zu schützen. Freihäfen bieten ein sicheres Instrument, um langfristig Vermögenswerte wie hochpreisige Gemälde oder Fotografien zu lagern und darüber eine Wertsteigerung zu erzielen.
Ehemaliger Kunst- und Finanzberater der Bank of America (Private Wealth Manager) Evan Beard hierzu: „Für einige Sammler wird Kunst wie ein Kapitalwert in ihrem Portfolio behandelt. Sie werden finanziell versierter, und die Freihäfen sind zu einer tragenden Säule in all dem geworden.“
Freihäfen haben sich zu Zentren des internationalen Kunsthandels entwickelt. So auch Stefan Horsthemke, Geschäftsführer Artbridge Kunstvermietung: „Die Freilager haben für den Kunstmarkt eine enorme Bedeutung.“
Freihäfen werden darüber hinaus auch von Luxusunternehmen und führenden Herstellern von Luxusgütern für den Handel mit Waren genutzt. Wird beispielsweise in Deutschland ein Luxusautoteil hergestellt und soll es nach Australien verbracht werden, kann es mithilfe von Freihäfen in allen Stationen seiner Reise unversteuert lagern.
Freihäfen dienen somit als Zwischenlager, indem das Luxusautoteil während seines Zwischenstopps in der ganzen Welt vorübergehend oder langfristig gelagert werden kann. Die Besteuerung findet erst bei Ankunft am endgültigen Ziel statt.
Somit bieten Freihäfen in unterschiedlichen Luxusbranchen für ihre Kundschaft wie Museen, Galerien, Auktionshäuser sowie private Sammler, Investoren und Stiftungen einen effizienten Handel unter Abbau tarifärer und nicht-tarifärer Barrieren.
Historie
Freihäfen entstanden im 19. Jahrhundert. Sie waren ursprünglich Orte, die der Zwischenlagerung von Handelswaren wie Getreide und Tee dienten. Ausgangspunkt war die Idee, dass die Doppelbesteuerung von Handelswaren während ihres Transits als handelshemmende Barriere abgebaut werden sollte.
Freihäfen stellten somit schon damals einen Raum für freien Warenhandel dar.
Die Wurzeln des Konzepts der Freihäfen reichen sogar zurück bis in die Zeit der englischen und niederländischen Kolonialhändler. Die mittelalterliche Hanse, eine Organisation von Manufakturen und Kaufleuten in Nordeuropa, unterhielt steuerfrei Handelssektoren.
Es zeigt sich anhand dieser geschichtlichen Betrachtung, dass das Konzept der Schaffung einer besonderen Freizone mit Freihäfen kein Novum ist und in der Vergangenheit in unterschiedlichen Teilen der Welt als Instrument verwendet wurde, um Handel anzutreiben und zu gestalten.
Was bieten Freihäfen konkret?
Freihäfen bieten ihrer Kundschaft, die aus Museen, Galerien, Auktionshäusern sowie private Sammlern, Investoren und Stiftungen besteht, eine Reihe von Vorteilen und Begünstigungen. Sie eröffnen ihrer Kundschaft die Möglichkeit, Vermögenswerte auf außergewöhnlichem und individuellem Weg zu sichern.
Insbesondere mit Blick auf Kunstwerke und andere empfindliche Vermögenswerte, die einer besonderen Lagerung und Konservierung bedürfen, spielen Freihäfen eine bedeutsame Rolle. Denn sie sind auf die Bereitstellung von idealen, sachgerechten Lagerungsbedingungen spezialisiert. Eine solche Lagerung ist den meisten privaten Sammlern und Investoren anderorts nicht möglich.
Innerhalb der unterschiedlichen Gebäude der Freihäfen kann für jedes Objekt ein Umfeld geschaffen werden, das ideal auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt ist. Im Hinblick auf besondere Feuchtigkeits-, Temperatur- und Klimabedingungen können individuelle Anpassungen getätigt werden, welche beispielsweise für die Erhaltung und Konservierung eines Renaissance-Kunstwerks essentiell sind.
Hinzu kommt, dass diese Bedingungen minutiös von hochqualifizierten Mitarbeitern kontrolliert werden, die speziell geschult sind. Auch können Kunstwerke auf Wunsch von Restauratoren begutachtet oder auf ihre Echtheit in Labors, beispielsweise mithilfe von Pigment- und Röntgenuntersuchungen, überprüft werden.
Somit ist unter konservatorischen Gesichtspunkten eine Lagerung in einem Freihafen zu empfehlen. Denn sie bieten ideale Lagerbedingungen, welche den Erhalt beispielsweise eines Kunstwerkes gewährleisten und eine lagerungsbedingte Wertminderung ausschließen.
Auch spielen finanzielle Erwägungen eine Rolle. Denn nicht nur der Erwerb von beispielsweise hochpreisigen Kunstwerken stellt eine Investition dar. Die Konservierung und Aufbewahrung der erworbenen Kunstwerke ist zumeist eine noch größere Investition. Auch hier ist das Instrument der Freihäfen wertvoll.
„Wir bieten eine hochwertige Lösung für Sammler, die teure Objekt sammeln, wo die Versicherung es nicht zulassen, dass das Objekt zu Hause verbleibt.“ So David Arendt, Projektleiter des HSH.
Freihäfen bieten umfassende Sicherheitsvorkehrungen für die lagernden Vermögenswerte. Es handelt sich bei den Gebäuden um Hochsicherheitsräume, zumeist aus feuerfestem Beton. Die Werke werden rund um die Uhr videoüberwacht und sind gegen Einbruch, Diebstahl und Zerstörung gesichert.
Insbesondere vorteilhaft ist eine solche Sicherung mit Blick auf hochwertige Kunstwerke, welche stets Gefahr laufen, aus privaten Sammlungen entwendet zu werden. Solche Kunstwerke können mithilfe von Freihäfen vorübergehend sicher gelagert werden, bis eine dauerhaft sichere Platzierung möglich ist. Somit wird garantiert, dass die Kunstwerke der Öffentlichkeit zu einem späteren Zeitpunkt zugänglich gemacht werden können.
Darüber hinaus bieten Freihäfen während der Lagerungszeit attraktive Steuerbegünstigungen für ihre Kundschaft wie Museen, Galeristen, Auktionshäuser sowie privaten Sammlern und Investoren und Stiftungen.
Die Vermögenswerte können umsatzsteuerfrei (Mehrwertsteuer) eingeführt und gelagert werden. Umsatzsteuern werden erst bei endgültiger Einfuhr in die Zielländer fällig. Bis dahin können eingesparte Mittel anderweitig investiert werden.
Erst bei einem gewinnbringenden Verkauf beispielsweise eines Kunstwerkes, welches unter idealen Konditionen gelagert und nach einigen Jahren an Wert gewinnt, Steuern entrichten zu müssen, bringt deutliche Vorteile mit sich.
Kauft beispielsweise ein privater Sammler bei einer Auktion des Auktionshauses Christie’s in New York City für 50 Millionen Dollar ein Kunstwerk, muss er mit einer Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ganzen 4,4 Millionen Dollar rechnen. Durch die Lagerung des Kunstwerkes in einem Freihafen sind diese Steuern zunächst nicht zu entrichten.
Ein weiterer finanzieller Vorteil liegt in der Gewährung von Zollbefreiungen (vgl. Art. 158 UZK). Ähnlich wie bei den Steuerbegünstigungen gilt, dass Zollabgaben erst bei endgültigem Import erhoben werden.
Hintergrund ist, dass ein effizienter internationaler Warenaustausch, der nur minimal von Zollformalitäten behindert wird, gewährleistet werden soll. Denn für die Kundschaft von Freihäfen stellen die Zollbefreiungen nicht nur eine finanzielle Entlastung dar, sondern vereinfachen auch eine zumeist langwierige und bürokratische Zollabfertigung.
Die Weltzollorganisation (WCO) legte im Revidierten Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (Revised Kyoto Convention, RKC) von 2003 Rahmenbedingungen für den internationalen Handel fest. Hierbei standen insbesondere die Harmonisierung von Regelungen zur Handelsvereinfachung und die effizientere und voraussehbarere Gestaltung von Zollverfahren im Vordergrund.
Im Anhang D des Übereinkommens werden Freihäfen explizit definiert. Sie sind „ein Teil des Gebiets einer Vertragspartei, in dem die verbrachten Waren hinsichtlich der Einfuhrzölle und -steuern allgemein als außerhalb des Zollgebiets befindlich gelten.“ Die Kundschaft von Freihäfen kann sich somit darauf verlassen, dass sie in jeglichen Freihäfen von Zollbefreiungen profitieren können.
Insbesondere in der Kunstwelt ist der Abbau von Zollabfertigungsbarrieren vorteilhaft. Sie gewährt beispielsweise Sammlern und privaten Kunstinvestoren mehr Liquidität und die Möglichkeit einer Kapitalbildung während die Kunst lagert.
Auch kann ein Kunstwerk, falls dieses gewünscht ist, ohne Zollformalitäten vorübergehend ausgeführt und beispielsweise für Messen zur Verfügung gestellt werden. Dies bietet eine Flexibilität, die sonst nicht möglich ist.
Ein weiterer Aspekt, welcher Freihäfen auszeichnet, ist die weitreichende Diskretion und Geheimhaltung.
Einerseits ist in vielen Freihäfen die Offenlegung der Eigentümerstellung (Ultimate Beneficial Owner; UBO) nicht nötig. Es können Vermögenswerte auch im Namen anderer Person eingeführt werden.
Andererseits ist grundsätzlich eine Aufzeichnung der Objekte, die sich in den Freihäfen befinden, nicht gängig. Beispielsweise im Freihafen von Genf gibt es keine Aufzeichnungen oder Inventarlisten der lagernden Objekte. Es existieren bloße Schätzungen, nach denen im Freihafen von Genf rund 1,2 Millionen Kunstwerte lagern.
Dieser Grad an Diskretion ist insbesondere im Kunsthandel dann von Vorteil, wenn die Öffentlichkeit nicht mit aufsehenerregend Geschäften belastet werden soll.
Ein Beispiel für den Einfluss und das Vertrauen, welches Freihäfen unter Kunstsammlern genießen, ist die vermeintliche Lagerung des Renaissance-Gemäldes „Retter der Welt“ („Salvator Mundi“). Es sei in der Werkstatt von Leonardo Da Vinci entstanden.
Das Gemälde wurde im Jahr 2017 bei einer Auktion des New Yorker Auktionshauses Christie’s für 450 Millionen Dollar versteigert. Somit handelt es sich um das teuerste, jemals bei einer Kunstauktion versteigerte, Kunstwerk. Es wird angenommen, dass es sich seit der Versteigerung im Freihafen Genf befindet. Dies gilt wohl, bis ein angemessener Platz geschaffen wird.
Somit werden Freihäfen nicht ohne Grund als Hot Spots des Kunstmarkts gesehen
Ein Blick nach Luxemburg
Ein beeindruckender Freihafen befindet sich in Luxemburg. Er besteht aus einem 22.000 Quadratmeter umfassenden, hochsicheren Gebäude, welches sich in einer Freizone befindet.
Es ist feuer- und erdbebenfest und wird jederzeit von Sicherheitspersonal und Hochsicherheitskameras überwacht. Nur lizenzierte Freihafen Betreiber dürfen das Gebäude nach einer eingängigen Sicherheitskontrolle betreten.
Chef des luxemburger Freihafens, David Arendt erläutert die Vorteile für Kunstwerke. „Vor Ort tätige Spediteure und Dienstleister bieten hochwertige Lösungen an und zwar in allen Bereichen, die Kunstsammler interessieren: Transport und Logistik, Aufbewahrung und Lagerung, Versicherung, Kunstberatung und -bewertung, wissenschaftliche Analyse, Restauration. Es wird immer mehr Kunst gekauft oder als Kapitalanlage genutzt. Zeitgenössische Kunst wird immer voluminöser. Kunstobjekte werden wertvoller. Aus Sicherheits- und Versicherungsgründen entsteht der Lagerungsbedarf.“
Besonders ist auch, dass Eigentümer die Möglichkeit haben, Werke per Videokonferenz möglichen Käufern oder Investoren zu präsentieren. Hierfür wurden repräsentative Räume eingerichtet.
Darüber hinaus kann die Lobby des Freihafens unter strengen Bedingungen für Ausstellungen gemietet werden. Der bekannte Street-Art-Künstler Alexandre Farto (Vhils) hat für die Lobby ein überlebensgroßes Portrait geschaffen.
Diese beeindruckende Lobby soll das Bindeglied zwischen den Freihäfen und der Außenwelt darstellen und die Möglichkeit bieten, Kunst auf private Einladung zu zeigen.
Resumé
Freihäfen bieten der Kundschaft somit eine sichere und außergewöhnliche Möglichkeit, ihr Eigentum zu lagern. Denn sie gewähren tarifäre und nicht-tarifäre Handelserleichterungen, welche sie für den exklusiven Kundenkreis und insbesondere für den Kunstmarkt zu einem wertvollen und praktisch sinnvollen Instrument machen.
dtb-Rechtsanwalt und Kunstrechtsexperte Leon van Lee hierzu: „Eine Zwischenlagerung in Freihäfen ist ein Schlüsselinstrument im internationalen Handel mit Vermögenswerten. Freihäfen bieten Steuer- und Zollbegünstigungen und Investmentmöglichkeiten. Insbesondere für Kunstsammler und Investoren sind sie von praktischem Interesse, denn die Gebäude verfügen über hochsichere und ideale Lagerungsbedingungen für Kunstwerke.“
Stand 12.03.2025