In den letzten Jahren ist eine neue Wachstumsdynamik auf dem Kunstmarkt zu beobachten, welche auch das Kunstrecht beeinflusst. Die Kunstwelt zieht in die Golfstaaten, insbesondere in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), nach Katar und Saudi Arabien.
Diese neue Dynamik wird von den größten internationalen Auktionshäusern, Kunstgalerien und Museen und durch internationale Kollaborationen angetrieben. Sie bringt neue Chancen für Unternehmer, Künstler, Galeristen, Sammler und sonstige Kunstliebhaber mit sich.
Hintergründe
Die wachsende Verlagerung der Aktivitäten des internationalen Kunstmarktes in die Golfstaaten zeigt das Entstehen eines neuen kulturellen Clusters. Denn der Kunstmarkt erlebt einen dynamischen Wandel, welcher die Golfstaaten zu einem der bedeutendsten Akteure, auch für das Kunstrecht, macht.
Das entstehende kulturelle Cluster wird entscheidend durch die Initiative staatlicher Stellen und kultureller Institutionen und die Wechselwirkung zwischen der allmählichen Sättigung auf dem europäischen Kunstmarkt und dem massiven Nachholbedarf des Kunstmarktes in den Golfstaaten angetrieben.
Die Region verfügt über ein reiches kulturelles Erbe und die finanziellen Möglichkeiten, um Innovation anzutreiben und eine Kunstmarkt-Infrastruktur aufzubauen. So besteht fruchtbarer Boden für das rasante und nachhaltige Wachstum des Kunstmarktes und die Zusammenarbeit mit europäischen Ländern im Kunstrecht.
Dr. Alia Al-Senussi, libysche Prinzessin, leitende internationale Beraterin für Art Basel Qatar und Beraterin des saudischen Kulturministeriums, sagt es bestünden „unglaubliche Synergien“ zwischen Katar, Saudi-Arabien und anderen Kunstinstitutionen: „Ich habe meine Karriere darauf aufgebaut, allen zu helfen, und ich glaube fest an das Sprichwort: ‚Eine steigende Flut hebt alle Boote.’“
Auch Pablo del Val, langjähriger künstlerischer Leiter der Kunstmesse Art Dubai, betont, dass es darum ginge, Beziehungen in einer Region aufzubauen, die für die Zukunft des globalen Kunstmarktes eine immer zentralere Rolle spielen.
Somit lohnt es sich für Unternehmer, Künstler, Galeristen, Sammler und sonstige Kunstliebhaber, sich mit der neuen Wachstumsdynamik des Kunstmarktes bekannt zu machen und mit anwaltlicher Beratung im Kunstrecht eine Strategie für einen frühen und effizienten Einstieg in diese zu finden.
Hierbei sollte eine besondere fachliche Expertise im Kunstrecht mit Blick auf Orts- und Branchenkenntnis gegeben sein, damit Schritt für Schritt eine Strategie entwickelt werden kann, um sich in das neue Kunstcluster einzufügen und hiervon profitieren zu können.
Schaffung der Infrastruktur für den Kunstmarkt
Die Golfstaaten haben in den vergangenen Jahren mithilfe von kulturellen Partnerschaften untereinander und mit europäischen Ländern, mit kontinuierlichen staatlichen Investitionen in den Kunstmarkt und der Schaffung von finanziellen Anreizen für die Teilnehmer des Kunstmarktes Brücken zwischen der Kunst- und Unternehmenswelt geschaffen.
Denn finanziellen Fördermittel der staatlichen Stellen für den Kunstmarkt befinden sich im Milliardenbereich. So hat die Regierung der VAE inzwischen fast 5.3 Milliarden $ für das Wachstum von Kunst- und Kultureinrichtungen bereitgestellt. Prognosen zufolge soll der Marktwert für Kunsttourismus in den VAE bis 2030 1.3 Milliarden $ erreichen.
Die lokale Kunstmarkt-Infrastruktur wird durch die Entstehung neuer Design-Viertel und die Ansiedelung zahlreicher (europäischer) Galerien und Luxushotels- und Freizeiteinrichtungen gefördert. Beispielsweise beherbergt der ehemalige Industriedistrikt Al Quoz in Dubai nun mehr als 25 zeitgenössische Galerien.
In Doha in Katar sind unzählige Galerien und öffentliche Kunstwerke über die Stadt verteilt, wobei auch in europäische Kunst investiert wird. So schaffte der dänische Künstler Ólafur Elíasson die Installation „Shadows travelling on the sea of the day“ in einer nahliegenden Wüste.
Darüber hinaus kommen auch Investitionen in die Einrichtung einer digitalen Infrastruktur durch innovative Plattformen dem Kunstmarkt zugute und werden im Kunstrecht relevant. Künstler können mithilfe von virtuellen Galerien und Online-Ausstellungen ihre Kunst einem globalen Publikum präsentieren und Unternehmer, Galeristen, Sammler und sonstige Kunstliebhaber erhalten eine vereinfachte Möglichkeit, lokale Kunst zu entdecken und in diese zu investieren.
Einfluss von (Ultra-)High-Net-Worth Individuals
Ein Beleg für das weitreichende Wachstum des Kunstmarktes ist die Migration von (Ultra-)High-Net-Worth Individuals (U/HNWI), die Kunst als Handelsgut und Investition verstehen, in die Golfstaaten.
Laut dem Henley Private Wealth Migration Report von 2024 verzeichneten die VAE einen massiven Influx an U/HNWI aus den westlichen Ländern, der sich auf einen Zuwachs von 6.700 Millionären bis Ende 2024 beläuft.
Ben Floyd, Geschäftsführer der Art-Dubai-Gruppe, kommentiert angesichts der Studie von Henley & Partners, nach der sich die Zahl der Millionäre in Dubai in den letzten zehn Jahren verdoppelt habe und bis 2035 erneut verdoppeln soll: „Zweifelllos profitieren hiervon der Luxussektor und die Kunst.“
„Nach Covid ist Dubai zu einem Magneten für Talente und Geld geworden, und das bedeutet, dass mehr Menschen Häuser kaufen, hier leben und Kunstwerke erwerben“. So der libanesisch-französische Unternehmer und Kunstsammler Elie Khouri.
Das steigende Interesse an Kunst sowie der Zufluss vermögender Privatpersonen wie U/HNWI und die Zusammenarbeit zwischen den Golfstaaten zur Schaffung einer Infrastruktur eröffnen neue wirtschaftliche Möglichkeiten im Luxus- und Kunstbereich für das Kunst-Unternehmertum. Bei der Ausarbeitung einer unternehmerischen Strategie und dem Eintritt in den Kunstmarkt der Golfstaaten ist eine anwaltliche Beratung im Kunstrecht unerlässlich.
Steuerrechtliche Vorteile
Eine Besonderheit in der Kunstmarkt-Infrastruktur der Golfstaaten stellen die steuerrechtlichen Vorteile dar. Vor allem Unternehmer und Künstler können von attraktiven steuerrechtlichen Rahmenbedingungen profitieren.
Für Privatpersonen herrschen steuerrechtliche Vorteile beispielsweise in den Emiraten, denn der Steuersatz für Einkünfte, die den privaten Lebensbereich betreffen, beträgt 0% (Einkommenssteuer). Somit werden solche Einkünfte, die nicht unmittelbar aus einer unternehmerischen Tätigkeit stammen, als „privat“ eingestuft.
Hierbei können beispielsweise Löhne und Gehälter aus dem eigenen Unternehmen, Mieteinnahmen und Renten und Pensionen steuerfrei bleiben. Auch die Kapitalertragssteuer existiert in den Emiraten nicht, wobei Dividenden, Gewinnausschüttungen und Veräußerungserlöse ebenfalls als private Kapitalanlagen steuerfrei sind.
Auch die vielzähligen Freihäfen in der Golfregion ermöglichen die Lagerung von Kunstwerken und Sammlungen ohne die Erhebung von Waren- und Dienstleistungssteuern.
Auch für Künstler kann eine Ausrichtung ihrer Arbeit in die Golfregion steuerrechtlich vorteilhaft sein. Soweit ihre Tätigkeit als „unternehmerisch“ einzustufen ist, wird ein einheitlicher Steuersatz von 9% nur dann fällig, wenn der Jahresgewinn von 100.000 € übersteigt.
Bei der Prüfung der steuerrechtlichen Besonderheiten und der Verlagerung des steuerrechtlichen Wohnsitzes sollte konkret geprüft werden, ob und wie einzelne Einkünfte relevant sind. Eine anwaltliche Beratung mit Expertise im Steuer- und Kunstrecht ist somit unverzichtbar.
Auktionshäuser
Der Eintritt der größten internationalen Aktionshäuser Christie’s und Sotheby’s stellt ein weiteres Indiz im Kunstrecht für das Wachstum des Kunstmarktes in den Golfstaaten dar. Er eröffnet unternehmerische und künstlerische Chancen und erschließt neue Kundenkreise.
Sotheby’s veranstaltete im Februar 2025 die Auktion „Origins“ in Saudi-Arabien, um die Expansion des Auktionshauses und die Eröffnung eines Büros im bekannten Al Faisaliah Tower in Riad einzuläuten. Die Eröffnungsauktion wurde in dem historischen Bezirk At-Turaif in Diriyah nahe Riad abgehalten, welcher ein UNESCO-Weltkulturerbe ist.
Sie brauchte 17 Million $ ein und es wurden Gebote aus 45 verschiedenen Ländern angenommen. Rund ein Drittel der Käufer waren Personen aus Saudi-Arabien.
Das Auktionshaus Christie’s, welches seit 2005 in Dubai ein Büro hat, berichtet, dass 15% seiner Neukunden der letzten drei Jahre aus der Golfregion und Afrika stammen. Anthea Peers, Präsidentin von Christie’s Europa, den Golfstaaten und Afrika, sagt hierzu: „Die Vereinigten Arabischen Emirate und die gesamte Golfregion sind ein Markt mit großem Potenzial. Wir sind sehr gespannt darauf.“
Auch das Auktionshaus Sotheby’s verfügt über eine eigene Galerie in Dubai, in der es zu Veranstaltungen, Vorträgen und Ausstellungen einlädt und Verkäufe initiiert. Zuletzt wurde in Zusammenarbeit mit dem Abu Dhabi Investment Office eine Ausstellung im Kulturdistrikt der Insel Saadiyat organisiert. In der privaten Stiftung Bassam Freiha Art Foundation wurde eine Sammlung von farbigen Diamanten gezeigt, die 100 Millionen $ wert war.
Kollaborationen mit internationalen Kunst- und Kulturinstitutionen
Die neue Wachstumsdynamik des Kunstmarktes in der Region zeigt sich insbesondere in der Realisierung großangelegter Kunstprojekte in Zusammenarbeit mit internationalen Kunstinstitutionen und dem steigenden Erfolg von Kunstmessen.
So etwa der Louvre Abu Dhabi auf Saadiyat, der nach einer Vereinbarung mit der französischen Regierung im Jahr 2017 eröffnete und über 650 Millionen $ kostete. Er wurde zum „ersten Universalmuseum der Welt“ erklärt, da er mit einer chronologischen Ausstellung „die Verbindungen zwischen scheinbar unterschiedlichen Zivilisationen und Kulturen rund um die Welt“ darstellt.
Voraussichtlich wird das Guggenheim Abu Dhabi, welches mit 42.000 Quadratmetern das größte der vier Guggenheim-Außenposten sein wird, im Jahr 2026 eröffnen. Wie das Guggenheim Bilbao wird es vom Architekten und Designer Frank Gehry entworfen.
S.E. Mohamed Khalifa Al Mubarak, Vorsitzender des Ministeriums für Kultur und Tourismus in Abu Dhabi, sagt hierzu: „Guggenheim Abu Dhabi stärkt Abu Dhabis Position als dynamisches Zentrum für Kunst und Kultur. Als führendes Museum der Region für globale moderne und zeitgenössische Kunst wird Guggenheim Abu Dhabi eine faire Plattform für Kunst aus aller Welt bieten. […] Guggenheim Abu Dhabi wird zusammen mit anderen Kulturinstitutionen wie dem Louvre Abu Dhabi und dem Zayed National Museum zweifellos einen wesentlichen Beitrag zu einer florierenden Kreativszene leisten.“
Kunstmessen: Art Basel Qatar und Art Dubai
Eine weitere bedeutende Entwicklung stellt die Expansion der bedeutendsten Kunstmesse Europas und der Welt, der Art Basel, nach Doha in Katar im Jahr 2026 dar. Alia Al-Senussi, die maßgeblich an der Planung der Art Basel Qatar beteiligt war, geht davon aus, dass die neue Messe „dazu beitragen wird, Sammler zu gewinnen und den Dialog zu fördern“, nicht nur in Katar, sondern in der gesamten Region.
Noah Horowitz, Geschäftsführer der Art Basel betont, dass das Wachstum des globalen Kunstmarktes, die Unterstützung von Künstlern, Galerien und die Erschließung neuer Sammlerschichten im Mittelpunkt des Auftrags der Art Basel stehen. Die Kunstszene in den Golfstaaten habe „in den letzten Jahrzehnten ein exponentielles Wachstum erfahren, mit der Gründung von Institutionen von Weltrang, der Lancierung führender kultureller Veranstaltungen und dem Wachstum einer lebendigen Gemeinschaft“ von Künstlern, Galerien und Fachleuten.
Durch die Expansion der Kunstmesse entstehen nicht nur unmittelbar im Kunstsektor und Kunstrecht neue wirtschaftliche Möglichkeiten. So hat beispielsweise die Fluggesellschaft Qatar Airways eine Partnerschaft mit der Art Basel Qatar unterzeichnet.
Daneben hat sich die etablierte Kunstmesse Art Dubai in den letzten Jahren zu einer Institution für internationale Sammler, Künstler, Galeristen, Unternehmer und Kunstliebhaber entwickelt. Sie zog in ihrer letzten Ausgabe über 15.000 Besucher aus aller Welt an und brachte mehr als 400 Künstler und Galerien aus 65 Ländern zusammen.
Sie zeigt auch, dass neben High-End-Kunst ein Markt für erschwinglichere Kunst besteht, welcher Kunstsammlern, Unternehmern und potentiellen Investoren spannende Aussichten auf unterschiedliche neue Kunst verschafft. Neue Künstler werden beispielsweise durch Initiativen wie den Kunstpreis WAD Emerging Artist Prize der Art Dubai und Rove Hotels gefördert.
Resumé
Staatliche Investitionen, der Aufbau einer Kunstmarkt-Infrastruktur sowie steuerliche Anreize und starke internationalen Vernetzungen machen die Golfregion zu einem bedeutsamen Standort. Unternehmer, Künstler und Sammler werden von weltbekannten internationalen Auktionshäusern, Museen und Kunstmessen angezogen.
So auch dtb-Rechtsanwalt und Experte für Kunstrecht Leon van Lee. „Die Wachstumsdynamik des globalen Kunstmarktes verlagert sich zunehmend von Europa in die Golfstaaten. Eine frühzeitige Positionierung mit rechtlicher Begleitung ist entscheidend, um von dieser neuen Entwicklung zu profitieren.“
Stand 03.07.2025